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WorldCafé: 25 Jahre Dialog ...

Artikel vom 29.11.2013

25 Jahre Dialog zwischen Gesellschaftswissenschaften und Praxis - Impressionen aus dem WorldCafé beim Jubiläumskongress der Schader-Stiftung am 29. November 2013. Von Lilo Berg

Der „Club der toten Themen“

Zwanzig Personen an einem großen Tisch, darauf eine sparsam bekritzelte weiße Decke: Bei Gastgeberin Professorin Mayntz scheuen die Besucher den Griff zum Textmarker, um ihre Gedanken aufs Tapet zu bringen. Aber manches prägt sich auch so ein. Zum Beispiel die Ideen, die Dr. Hinz, Moderator der Runde und Kanzler an der Universität Erfurt, mit seiner Frage auslöst: „Was könnte die Schader-Stiftung Gutes tun?“ Sie könnte den auseinander driftenden Milieus der Städte ein Forum bieten, regt der Abgeordnete des Hessischen Landtags, Michael Siebel, an: „Die reden doch alle nicht mehr miteinander.“ Dass eine gewisse Verbindlichkeit auch einer Kaffeehausdiskussion gut tut, zeigt sich am Tisch der Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung, Professorin Allmendinger. Die Gäste stellen sich kurz vor, die Gastgeberin macht klare Ansagen. Wie könnte ein neues Konzept für die Stiftung aussehen, lautet eine Leitfrage. Von einem Vertrauensraum ist daraufhin die Rede, von einem Ort, an dem sich gesellschaftliche Akteure ohne Handlungsdruck offen austauschen können. Und welchen Themen sollte die Stiftung sich zuwenden? Soll sie ein „Club der toten Themen“ werden oder Agenda Setting betreiben? So spitzt es ein Wissenschaftler zu und in der Diskussion, die er damit entfacht, neigt sich die Waagschale zugunsten der zu Unrecht liegen gebliebenen Fragen. 

Sollte die Stiftung sich also eher mit der Energiewende beschäftigen statt auf aktuelle Megathemen wie Wachstum zu setzen? „Man muss die Fragen identifizieren, die im gängigen Förderzirkus nicht vermittelbar sind“, heißt es an diesem Nachmittag auch am Tisch des Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Soziologie, Professor Lessenich. Ein Beispiel: Vor 25 Jahren, im Gründungsjahr der Stiftung, wollte niemand etwas von dem Problem alternder Belegschaften wissen. Heute ist das Mainstream. Unterdessen kündigen sich die Themen von morgen an. Vielleicht sogar auf weißen Tischdecken. 

Kaum Chancen in den Medien

„Die Sozialwissenschaften haben es schwer in den Medien. Dabei befassen sich doch gerade Disziplinen wie Soziologie, Psychologie, Politologie, Rechts- und Wirtschaftswissenschaften mit Themen, die die Gesellschaft und jeden Einzelnen betreffen.“ Das Zitat stammt aus einem Beitrag von Burckhard Wiebe in dem 1996 erschienenen Handbuch „Wissenschaftsjournalismus“. Seither sind viele Jahre vergangen, doch an dem Befund hat sich offenbar nicht viel geändert.

Themen aus den Gesellschaftswissenschaften hätten kaum eine Chance in den Medien, klagen Besucher des WorldCafés des Eichstätter Journalistik-Professors Altmeppen. Das Interesse an Ergebnissen aus der sozialwissenschaftlichen Forschung lasse zusehends nach. „Vielleicht hat das damit zu tun, dass unsere Studien oft über lange Zeit laufen“, lautet ein hilfloser Erklärungsversuch. Andere suchen die Schuld bei den Medien. Deren zunehmende Ökonomisierung prangert Professor Miegel an. Heute gebe es keine richtigen Redaktionen mehr, moniert der Bonner Sozialforscher und Publizist. Rar geworden seien feste Stellen, die Fachredakteuren den nötigen Freiraum verschafften, um Themen wirklich auf den Grund zu gehen. Stattdessen habe man es mit einem Heer mehr oder weniger kenntnisfreier Universaljournalisten mit kurzfristigen Verträgen zu tun. „Früher kamen die Journalisten mit einem Konzept zum Interview“, berichtet Miegel, „heute fragen sie mich, was sie mich denn fragen sollen.“ Widerspruch erntet der Gründer des Instituts für Wirtschaft und Gesellschaft in Bonn erst, als er anhebt, sich über die massenhaften Informationspartikel zu beschweren und mehr Einordnung und Überblick von den Medien zu fordern. „Wir haben doch die beste Informationslage der Welt“, heißt es dagegen von der anderen Seite des Tischs, „und feste Stellen gibt es in den Medien nach wie vor reichlich, zumindest bei den öffentlich-rechtlichen Anstalten.“ Der Geräuschpegel im WorldCafé schnellt an diesem Nachmittag gelegentlich nach oben – dies war so ein Moment.

Braucht es eine Stiftung Medientest?

Das kurze Wortgefecht zeigt: An den Stellen allein kann es nicht liegen. Aber an was liegt es dann? Am Tisch von Gastgeber Professor Altmeppen sucht man in dieser Frage ebenso nach Antworten wie an anderen Tischen. Denn eigentlich, so formuliert es ein Wissenschaftler am Tisch des Soziologie-Professors Lessenich, würde man erwarten, dass die Kluft zwischen Gesellschaftswissenschaften, Gesellschaft (und Medien) sich durch die zunehmende Akademisierung schließt. Erstaunlich sind in diesem Zusammenhang auch die Befunde einer repräsentativen Journalisten-Studie aus Dortmund: Demnach hat der überwiegende Teil der festangestellten Wissenschaftsjournalisten in Deutschland ein Studium in den Sozial- oder Geisteswissenschaften absolviert. Und doch finden sich auf den Wissenschaftsseiten und in den Wissenschaftssendungen fast nur Themen aus Naturwissenschaften, Technik und Medizin. Einmal im Berufsleben angelangt, wenden sich die Redakteure, so scheint es, von ihren akademischen Wurzeln ab.

Eine Vernachlässigung, die im WorldCafé nicht hingenommen wird und so gibt es allerhand Vorschläge zur Verbesserung der Situation. Vielleicht könnte ein Preis Wissenschaftsjournalisten locken, sich mit den Gesellschaftswissenschaften zu beschäftigen, schlägt ein Gast vor. Vielleicht, so ein anderer, wäre eine Summer School der richtige Weg, um Forscher und Journalisten ins Gespräch zu bringen. Auch die gute alte Idee von einer unabhängigen Stiftung Medientest – sie geht auf eine 1994 von Richard von Weizsäcker berufene Sachverständigenkommission zurück – wird erneut bemüht. Mit Hilfe einer solchen Stiftung, so die Hoffnung, sollten sich wichtige Themen besser platzieren lassen. Aber sind die Gesellschaftswissenschaften wirklich auf die große Schwester Medientest angewiesen? Oder schaffen sie es auch allein?

Die Autorin: Lilo Berg ist freie Wissenschaftsjournalistin und betreibt in Berlin ein Büro für Wissenschaftskommunikation.


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