Transformationssoziologie: Zwischen Analyse und Gestaltung
Artikel vom 23.07.2025

Über das Verhältnis der Soziologie zum Wandel. Ein Blogbeitrag von Nils Zurawski.
Transformationssoziologie konkret
Die Soziologie war schon immer eine Wissenschaft der Transformation – sie entstand gemeinsam mit der Industriegesellschaft in Europa und ist daher geprägt von massiven Umbrüchen, Veränderungen, gesellschaftlichen und politischen Transformationen.
Gesellschaften im Wandel und der Wandel an sich sind das Thema der Soziologie geblieben – und gleichzeitig ist der Wandel geblieben – stetig und in immer neuen Formen und neuen Richtungen. Die Frage allerdings, die ich immer wieder gestellt bekomme „Was macht das mit Gesellschaft?“ halte ich dann doch für etwas sehr kurz gegriffen. So einfach sind Veränderungen nicht und die Gesellschaft ist auch keine einfach bewegliche Masse, die man, was auch immer anliegt, mal in diese, mal in die andere Richtung schieben kann.
Transformation ist viel komplexer und wahrscheinlich auch interessanter als diese simple Frage, die so eine Art Mechanik anzunehmen scheint, die zwischen dem „Etwas“ (Internet, Künstlicher Intelligenz, Klimawandel – was immer so gerade gefragt ist) und Gesellschaft wirkt.
Vor allem ist Transformationssoziologie nicht nur darauf konzentriert den Wandel zu beschreiben oder mögliche Zukünfte aus der Gegenwart abzuleiten, sondern befindet sich mittendrin diese Transformationen auch mitzugestalten – gemeinsam mit den so genannten Praxispartner*innen, die viel mehr als das sind. Aus meiner eigenen Arbeit weiß ich, dass die Partner*innen einer akademischen Soziologie, die sich in die Gesellschaft und deren Transformationen einbringen will, in ihnen Kollaborations- und Reflexionspartner*innen vorfindet, im besten Falle Mitstreiter*innen für die Umsetzung theoretischer Ideen und neuer gesellschaftlicher Entwürfe, im Kleinen wie auch Großen.
Dass die Schader-Stiftung eine Veranstaltung wie die Tagung Transformationssoziologie konkret ausrichtet, ist nur konsequent. Die Arbeit der Stiftung, wie sie sich selbst versteht und wie ich sie kennengelernt habe, widmet sich ja hauptsächlich der gemeinsamen Arbeit von Wissenschaft und Praxis, vor allem immer wieder umgesetzt in vielfältigen Dialogformaten, die als ein Ausweis für die aktive Arbeit am Gestalten von Wandel gelesen werden müssen.
Ich selbst habe die Stiftung 2017 kennengelernt, als ich als so genannter Begleiter am Sommercamp „Sicher in der Stadt“ teilnehmen durfte. Auch dort ging es um die Entwicklung von Dialogformaten rund um das Thema „Sicherheit“. Das war eines der interessantesten Formate, an dem ich teilgenommen habe. Einige der Ideen kopiere ich bis heute in der einen oder anderen Form. Vor allem hat es mir der dialogische Charakter wissenschaftlicher Arbeit angetan.
An der Tagung „Transformationssoziologie konkret“ gefällt mir persönlich schon einmal der Titelzusatz „konkret“, der das konkrete Tun in den Mittelpunkt stellt. Besonders spannend bei der Veranstaltung finde ich die Reflexion der eigenen wissenschaftlichen Position und wie man möglicherweise mit seiner Rolle irgendwo zwischen Aktivist*in, Beobachter*in, Ratgeber*in und Ermöglicher*in in transformativen Projekten umgehen kann und sollte. Meine gerade beginnende Arbeit mit der Polizei in Mainz wird bestimmt davon profitieren können.
Autor
Nils Zurawski ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Projekt "Polizei-Transformationen" an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und Mitglied im Kleinen Konvent der Schader-Stiftung.
Der obenstehende Blogbeitrag ist im Kontext der Tagung Transformationssoziologie konkret entstanden, die im Sommer 2025 im Schader-Forum stattfand.