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Was ist schon normal?

Artikel vom 19.05.2021

Foto: shutterstock.

Was das Konventsthema für mich bedeutet. Ein Blogbeitrag von Anna-Lena Treitz.

Norm(alität)en und Experimente

In der Soziologie – na klar, sonst wäre sie nicht die Soziologie – gibt es viele Definitionen von Normen. Man könnte sagen, eine soziale Norm ist entweder eine Art Verhaltensrichtschnur oder ein Verhaltensstandard. Im Alltag gibt es Normen, die wir relativ unstrittig akzeptieren. Dass ein A4-Blatt immer gleich groß ist, finde ich persönlich ja ganz sinnvoll. Es gibt aber auch Normen, die mit einer sozialen Bewertung von Verhalten einhergehen und solche, deren Nichtbefolgen Konsequenzen für uns hat. Wenn ich an Experimente denke, denke ich zuerst an meinen ehemaligen Chemielehrer mit seiner Schutzbrille. Eigentlich sind Experimente aber auch in den Sozialwissenschaften ziemlich präsent. Sie sind ein Versuch, eine Probe, die dazu dient, Annahmen zu prüfen.

Nochmal zurück zur Normalität. In meinem Alltag und im gesellschaftlichen Diskurs verbinde ich mit Normalität eigentlich nicht so viel Gutes. Das fängt schon in der Drogerie an. Was sind schon normale Haare oder normale Haut? Oder, bezogen auf Körperbilder: was ist eine normale Figur? Fünf Jahre Altersunterschied zwischen Partner*innen sind normal, aber zwanzig? Schon zu krass. Dass Frauen Elternzeit nehmen ist normal, bei Vätern ist das schon eher etwas Besonderes. Ein Junge will sich an Karneval als Fee verkleiden, ist das normal? Ich überzeichne und ich unterbreche mich jetzt lieber selbst. Wenn jemand über sich selbst spricht und sagt „Ich bin eigentlich ganz normal“, klingt das auch erst einmal nicht so überragend – auch wenn Leute, die von sich selbst behaupten, total durchgeknallt zu sein, mir schon immer suspekt waren. Nein Ute, nur weil deine Wohnung voller Flamingo-Gadgets ist, bist du noch nicht crazy.

Genauer hinsehen

Aber: Normalität kann auch etwas Gutes sein. Wir Menschen sind Gewohnheitstiere. Das Wissen darüber, was normal ist, gibt uns Handlungssicherheit. Es sorgt für ein funktionierendes Zusammenleben. Gerade durch die Pandemie sehnen sich viele nach Normalität. Vielleicht sehnen wir uns aber auch eher nach bestimmten Aktivitäten oder nach Gemeinschaft und Ausgelassenheit. Fest steht: vieles von dem, was wir als normal empfinden, hinterfragen wir gar nicht. Unter anderem deshalb macht mir in meinem Studium das ethnografische Arbeiten so viel Spaß: es nimmt das genauer unter die Lupe, was Menschen als gegeben hinnehmen.

Dabei finde ich vieles von dem, was wir als Gesellschaft einfach hinnehmen, ziemlich problematisch. Schaut man auf die Art, wie in Mittel und Rechte unter Menschen verteilt sind, wie wir wirtschaften und mit unserem Planeten umgehen, kann man sich eigentlich nur dafür schämen, ein Mensch zu sein. Ist es normal, dass ein Bruchteil der Menschheit einen Löwenanteil des Vermögens besitzt? Dass wir Kleidung und Lebensmittel konsumieren, ohne dabei zu hinterfragen, wie die Produkte den Weg ins Regal finden? Dass alles bigger, better, faster, stronger sein muss, ganz egal wie viele Menschen darunter leiden oder ob wir unseren Planeten ausbeuten? Das kann doch alles nicht normal sein, oder?

Wir brauchen Experimente

Aber es hilft nichts, sich am Schlechten dieser Welt festzubeißen. Ich will darauf hinaus, dass wir stets hinterfragen sollten, was wir tun. Vieles lässt sich nicht von heute auf morgen ändern, aber wir können alle unseren Teil beitragen. Und wir sollten uns zusammentun, um darüber nachzudenken, was wir ausprobieren können, um neue Wege zu gehen. Hier kommt wieder das Experiment ins Spiel. Ich bewundere Menschen, die versuchen, Utopien zu leben und finde sie extrem inspirierend. Dabei sollten wir ruhig auch mal ein Risiko eingehen – denn manche Dinge können ja fast gar nicht schlimmer werden. Ich denke, dass es in vielen, ganz unterschiedlichen Bereichen möglich ist, gewohnte Pfade zu verlassen.

Nun habe ich vieles angeschnitten, ohne darin Expertin zu sein. Aber mit der Schader-Stiftung kennen wir zum Glück viele Expert*innen. Über Normalität als Experiment wollen wir am 29. Oktober 2021 beim Großen Konvent mit unseren Partner*innen aus Wissenschaft und Praxis sprechen. Mit dem Großen Konvent können wir sicher nicht die Welt retten. Aber wir bringen Menschen zusammen, die sich austauschen und die ihre Ideen für gesellschaftliche Experimente schließlich mit in ihre Tätigkeitsfelder nehmen. Also freue ich mich auf die Vorbereitungszeit und auf die Tagung selbst!

 

Von Anna-Lena Treitz, Mitarbeiterin der Konvente.

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