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Herausforderungen für die Zivilgesellschaft bei der Unterstützung und Integration Geflüchteter

Artikel vom 21.04.2016

Die erste Denkwerkstatt der Veranstaltungsreihe „Herkunft - Ankunft - Zukunft“ zum Thema der Integration von Geflüchteten am 17. März 2016 widmete sich der Frage, welche Rolle die Zivilgesellschaft bei dieser gesamtgesellschaftlichen Herausforderung einnimmt. Von Vera Elena Albrecht und Natascha Riegger

Denkwerkstatt 01 – Zivilgesellschaft

In den letzten Monaten haben engagierte Bürgerinnen und Bürger und Organisationen der Zivilgesellschaft mit vielfältigen Aktivitäten eine wichtige Rolle bei der Unterstützung geflüchteter Menschen gespielt. Nun stellen sich Fragen danach, wie ehrenamtliches Engagement in Zukunft aussehen soll. Die Schader-Stiftung, so der Vorstand der Stiftung, Alexander Gemeinhardt, wird diesen Fragen wieder verstärkt Aufmerksamkeit und Raum geben. Dazu gehört die enge Kooperation mit der Hochschule Darmstadt und den im Beirat des Instituts für Soziale Arbeit und Sozialpolitik (ISASP) verbundenen Partnern.

Zentrale Überlegungen

Die Leiterin des Instituts für Soziale Arbeit und Sozialpolitik, Prof. Dr. Gisela Jakob, führt in das Thema mit zentralen Überlegungen ein. Ihr zufolge lässt das jüngste Engagement für Geflüchtete in ganz Deutschland die Zivilgesellschaft als tragende und öffentlich sichtbare Institution erscheinen. Zivilgesellschaft hat sich damit zu mehr als nur etwas „Zusätzlichem“ zu öffentlichen Einrichtungen entwickelt. Mit dem Bedeutungszuwachs von zivilgesellschaftlichem Engagement rücken allerdings auch die Grenzen weiter ins Zentrum der Betrachtung. Hier sind vor allem fehlende koordinierende Strukturen und die kaum vorhandene Begleitung von Engagierten zu nennen. Außerdem muss deutlich sein, dass Zivilgesellschaft in diesem Zusammenhang Engagement „für und mit“ Geflüchteten bedeutet, auch die Flüchtlingsselbstorganisationen spielen eine zentrale Rolle. Denn geflüchtete Menschen sind nicht nur Hilfeempfänger, sondern sie sind Bürgerinnen und Bürger mit eigenen Rechten und Ansprüchen auf Selbstbestimmung und Partizipation. Schließlich muss bedacht werden, so Gisela Jakob, dass Zivilgesellschaft ein Querschnittsthema ist und auch bei anderen Themen der Denkwerkstatt, wie beispielsweise Bildung, Wohnen und Arbeitsmarkt, eine Rolle spielt. Sie geht davon aus, dass die Herausforderungen, die im Zusammenhang mit der Fluchtbewegung stehen, nicht ohne die Zivilgesellschaft bewältigt werden können. Integration ist kein einseitiger Prozess, vielmehr stellen sich Anforderungen sowohl an die geflüchteten Menschen als auch an die Aufnahmegesellschaft. Demnach kann mit diesem ersten Termin der Denkwerkstatt eine Grundlage für die weiteren Themenfelder gelegt werden.

Input von Professor Adalbert Evers (Gießen/Heidelberg)

Prof. Dr. Adalbert Evers, ehemals Justus-Liebig Universität Gießen und mittlerweile Centrum für soziale Investitionen und Innovationen (CSI) der Universität Heidelberg, gibt mit seinem Input einen Einblick in die wissenschaftliche Sicht auf das Thema Zivilgesellschaft und Integration. Er fragt zunächst, unter welchen Begriff Diskussionen zu dem Thema Integration und Geflüchtete gestellt werden sollten: Spricht man von „Flüchtlingshilfe“, so liegen organisatorische Fragen, etwa nach Wohnraum und Arbeitsplätzen, am nächsten. Wenn allerdings über „die Flüchtlingsfrage“ gesprochen wird, kann nach größeren Zusammenhängen gefragt werden: Wie organisiert man das Zusammenleben unter neuen Bedingungen in Zukunft? Welchen Herausforderungen muss sich die Gesellschaft stellen? Wie viel ist möglich? Was kann eine Gesellschaft verkraften? Die Flüchtlingsfrage fordert also die Gesellschaft als Ganzes heraus, weshalb nach Adalbert Evers gesamtgesellschaftliches Engagement unabdingbar für die Bewältigung der neuen Herausforderungen ist.

Eine weitere Begrifflichkeit stellt Adalbert Evers mit der Kategorie der „Engagierten“ zur Diskussion. Er geht davon aus, dass eine Differenzierung wichtig für die Erörterung der Flüchtlingsfrage ist. Es muss die Frage gestellt werden, welche Bedeutung unterschiedliche Engagementformen haben. Eine Unterteilung in kurzfristiges Engagement und Engagement, das aufgrund von langen Vorerfahrungen erfolgt, aber auch Engagement in Form von neu gegründeten Organisationen kann hilfreich sein, um die zivilgesellschaftliche Hilfe differenzierter zu betrachten. Dies ist vor allem mit Blick auf die Zukunft wichtig, denn es gilt, Potentiale an Erfahrungen, Wissen und Kompetenzen zu nutzen. Von Seiten der Politik und der Verwaltung wird, so Adalbert Evers, dieses Potential bisher zu wenig genutzt, wodurch wichtige Chancen vertan werden.

Adalbert Evers betont, dass es von zentraler Bedeutung ist, zu berücksichtigen, dass die Engagementlandschaft in hohem Maße auch Organisationslandschaft ist. Denn ohne die verschiedenen Organisationen hätte nicht so viel bürgerliches Engagement im Zuge der Flüchtlingsfrage mobilisiert werden können. In der Bundesrepublik gibt es eine zivile Tradition, die Erfahrungen mit zivilgesellschaftlich Engagierten mit sich bringt. Durch diese Tradition konnten zumindest grundlegende organisatorische Strukturen im Umgang mit den Geflüchteten aufgebaut werden. Betrachtet man die zukünftige Rolle von Zivilgesellschaft im Umgang mit der Flüchtlingsfrage, muss man also auch nach der Rolle der Organisationen fragen. Auch die Vorerfahrungen von Organisationen müssen dabei Berücksichtigung finden, so Adalbert Evers. Hier kann allerdings auch nach negativen Aspekten gefragt werden, etwa welche Schwierigkeiten durch Pfadabhängigkeit innerhalb oder zwischen Organisationen auftreten können.

Im öffentlichen Diskurs erscheint Adalbert Evers zufolge bürgerschaftliches Engagement zunächst grundsätzlich als etwas Positives. Allerdings hält er diese Bewertung in Anbetracht jüngster Entwicklungen nicht unbedingt für zutreffend. So richten sich beispielsweise Pegida-Aktivisten, ebenso wie Unterstützerinnen und Unterstützer der AfD mit ihrem Engagement gegen Geflüchtete, ein solches Engagement gehört jedoch auch zur Zivilgesellschaft. In diesem Zusammenhang fordert er einen offenen und breiten Engagementbegriff: Engagement muss im Plural gedacht werden. Damit kann ein Umgang mit verschiedenen Formen von Engagement geschaffen werden, auch unter Einbezug von radikaleren oder negativen Einstellungen.

Welche Formen von Verantwortungsteilung oder Mitverantwortung kann bei der Flüchtlingsfrage angestrebt werden? Adalbert Evers hebt hervor, dass es viele Überschneidungen zwischen privatem und professionellem Engagement gibt, wie etwa bei dem Angebot von Sprachkursen für Geflüchtete. Damit verschwimmen klassische Grenzen zwischen Zivilgesellschaft und Professionalität und es entstehen neue Governance- und Kooperationsaufgaben. Beim Diskurs über die Rolle der Zivilgesellschaft in der Flüchtlingsfrage müssen also soziale, politische und demokratische Komponenten mitgedacht werden.

Vielzahl von Engagementformen

Aus einer anderen Perspektive auf die Flüchtlingsfrage spricht Bernd Mesovic, stellvertretender Vorsitzender von Pro Asyl. Er beschreibt, dass sich in der Praxis eine Vielzahl von unterschiedlichen Engagementformen zeigt. Zu „älteren“ Organisationen, wie Pro Asyl, kommen immer mehr neue zivilgesellschaftliche Organisationen hinzu, die teilweise hochprofessionell organisiert sind. Der Großteil ist dabei fern von Parteien und Politik angesiedelt und vereint Menschen aus unterschiedlichen Richtungen, die durch Impulse der Hilfsbereitschaft motiviert sind. Diese Heterogenität wertet Bernd Mesovic als großen Vorteil, der dazu beitragen kann, verschiedene Problemebenen mit unterschiedlichen Zugängen anzugehen.

Es zeigte sich in den letzten Monaten, dass früher oder später auch von Seiten der Zivilgesellschaft Anforderungen an den Staat gestellt werden. Die Grundversorgung von Geflüchteten ist, so Bernd Mesovic, nicht Aufgabe der Zivilgesellschaft. Vielmehr sind Nothilfesituationen klassisch staatliche Aufgaben, worauf sich auch diese Anforderungen beziehen. Deswegen ist eine „Abgrenzungsdiskussion“ notwendig: Was will die Zivilgesellschaft perspektivisch machen? Was ist ihre Vorstellung von Nachhaltigkeit?

Es können in der Zusammenarbeit von staatlichen Trägern mit zivilgesellschaftlich Engagierten auch Konflikte entstehen, die das Engagement negativ beeinflussen. Die Verhaltensweisen von Politik und Verwaltung  gegenüber der Zivilgesellschaft spielen hierbei eine große Rolle. Auf kommunaler Ebene lassen sich dabei, laut Bernd Mesovic, große Unterschiede beobachten: Sie reichen von einem Umgang auf Augenhöhe, wie etwa bei runden Tischen, bis hin zu Ignoranz oder Instrumentalisierung von Engagement. Die „neue Flüchtlingsbewegung“ ist allerdings gegenüber staatlichen Stellen und traditionellen Organisationen relativ autonom aufgestellt. Dies ist, so betont Bernd Mesovic, ein Kapital, das nur durch gute Zusammenarbeit und Kommunikation bestmöglich genutzt werden kann.

Schwierigkeiten sieht Bernd Mesovic in der staatlichen Einflussnahme auf zivilgesellschaftliches Engagement. Er beobachtet, dass staatliche Stellen versuchen, die Flüchtlingsunterstützung in eine bestimmte Richtung zu lenken. Dies ist beispielsweise bei der Vorauslese von Geflüchteten mit wenig Aussicht auf Asyl der Fall. Diese Form der Auslese wird laut Bernd Mesovic durch Wohnortzuweisungen institutionalisiert. Er plädiert dafür, dass zivilgesellschaftliches Engagement solchen Unterscheidungen von Geflüchteten nicht folgt. Auch zwischen den Geflüchteten schaffen diese Unterscheidungen, so eine Teilnehmerin, Konflikte. Dem pflichtet eine andere Teilnehmerin bei und verweist gleichzeitig auf die Schwierigkeiten, die ein Verzicht auf diese Unterscheidungen in der Praxis mit sich bringen kann.

Eine zentrale Frage, die sich aufgrund der jüngsten Entwicklungen stellt, betrifft Bernd Mesovic zufolge die Solidarität. Wird sich diese neu aufgekommene große Solidarität für geflüchtete Menschen auch auf in Deutschland lebende Menschen in angrenzenden Problemlagen übertragen lassen? Anhand dieser Frage werden von verschiedenen Seiten auch neue Konfliktlinien aufgebaut. So wird beispielsweise eine Konkurrenz zwischen Obdachlosen und Geflüchteten geschaffen. Ein Teilnehmer merkt an, dass die mediale Aufbereitung bei dem Aufkommen von Solidarität eine große Rolle spielt. Es bleibt zu hoffen, so Bernd Mesovic, dass dies eine Rückwirkung auf den sozialpolitischen Diskurs zur Folge haben wird. Denn Flüchtlingspolitik ist zum größten Teil Sozialpolitik.

Vorteile der Selbstorganisation

Kibreab Habtemichael von „Helping Hands“ ist selbst Asylbewerber in Deutschland und gibt einen weiteren Praxisinput. „Helping Hands“ ist eine Selbstorganisation von Geflüchteten, die als Ansprechpartner innerhalb der Flüchtlingsheime fungiert. Alle Mitglieder von „Helping Hands“ sind selbst Asylbewerber und Asylbewerberinnen, die in Flüchtlingsunterkünften wohnen. Die Organisation ist ihrerseits eingebunden in ein Netzwerk der Viernheimer Flüchtlingsarbeit, der Projektgruppe „Ich bin ein Viernheimer“, die von Kirche, Stadt und Kreis getragen wird. Kibreab Habtemichael hebt hervor, dass Erfahrungen und Kompetenzen von geflüchteten Menschen nur dann genutzt werden können, wenn diese selbst aktiv in den Prozess eingebunden sind. Wichtig sind Strukturen, um die unterschiedliche Arbeit, die in den verschiedenen Projekten meist ehrenamtlich erfüllt wird, zu koordinieren. Hierdurch können Erfahrungen und Ideen ausgetauscht werden, was laut Kibreab Habtemichael zu besonders nutzbringenden Ergebnissen führt. In Viernheim konnten so durch „Helping Hands“ auch kleinere eigene Projekte, wie Weihnachtsfeiern oder Musikprogramme verwirklicht werden. Außerdem wurde ein Integrationsbüro als Anlaufstelle für geflüchtete Menschen  und Viernheimer Bürgerinnen und Bürger eingerichtet. Eine Teilnehmerin berichtet gemäß ihrer Erfahrung, dass Geflüchtete aufgrund ihres unsicheren Status in Deutschland Schwierigkeiten haben, sich zu integrieren. Wer nicht weiß, ob er oder sie tatsächlich in Deutschland bleiben darf, kann sich oftmals schlechter auf einen Deutschkurs einlassen.

Kibreab Habtemichael hebt hier den Vorteil einer Selbstorganisation hervor: Ängste und Probleme können unter den geflüchteten Menschen geteilt und ausgetauscht werden, was sich wiederum positiv auf gemeinsame Integrationsbemühungen auswirkt. Interessant ist dabei, dass die Arbeit der „Helping Hands“ nicht unter Verständigungsschwierigkeiten zwischen den unterschiedlichen Kulturen leidet. Vielmehr gibt es in Viernheim ein gutes Miteinander der Menschen aus verschiedenen Ländern. Auch die Mitglieder von „Helping Hands“ kommen aus unterschiedlichen Herkunftsländern und Kulturen. Ihr Ziel ist es, so Kibreab Habtemichael, die Geflüchteten wirklich repräsentieren zu können. Dabei ist die Anerkennung der „Helping Hands“ innerhalb der Häuser bedeutend. Verschiedene weitere Aspekte sind laut Kibreab Habtemichael für das gute Gelingen des Projekts verantwortlich. Eine große Rolle spielen die ehrenamtlich Engagierten. Aber auch das Zusammenspiel der Projektgruppe mit staatlichen und kirchlichen Stellen, wie etwa dem Bistum Mainz, das Lehrerinnen und Lehrer für die Geflüchteten bezahlt, ist wichtig. Von Vorteil war, dass sich in Viernheim Hilfsstrukturen für Geflüchtete über längere Zeit entwickelten. Damit mussten Strukturen nicht völlig neu geschaffen werden, als die Zahl der Geflüchteten in Deutschland rasant gestiegen ist. Vielmehr konnte auf frühere Erfahrungen zurückgegriffen werden. Die Integration von Geflüchteten sieht Kibreab Habtemichael als langen Prozess. In erster Linie sind die neu ankommenden Menschen dankbar für die Sicherheit, die ihnen hier geboten wird. Erst später machen sie sich über Sprachkurse und weitere Bildungsmöglichkeiten Gedanken. Gerade deswegen ist es wichtig, ein breites Angebot an Unterstützung zu bieten.

Eine Teilnehmerin merkt an, dass man vom Projekt der „Helping Hands“ viel lernen kann: Vor allem erscheint es wichtig, die Geflüchteten selbst in Prozesse zu integrieren und ihre Erfahrungen und Kompetenzen, wie etwa Übersetzungsleistungen stärker zu nutzen und anzuerkennen. Dadurch entsteht ein Miteinander, das auch Lernen voneinander einschließt. Ein Gefühl der Selbstbestimmung sowie ein Mitspracherecht kann den Geflüchteten damit ebenso verliehen werden, so ein Teilnehmender. Dies kann einen positiven Einfluss auf die Integration der Menschen mit sich bringen.

Weitere Diskussion

In der anschließenden Diskussion wird schnell deutlich, dass das Thema Zivilgesellschaft nicht nur in Bezug auf die Flüchtlingsfrage neu überdacht werden muss. Reflektiert man zivilgesellschaftliches Engagement, so stellen sich Fragen nach dem Nebeneinander von staatlichem Handeln und Zivilgesellschaft. Welche strukturellen Vorgaben werden benötigt? Welche neuen Gestaltungsnotwendigkeiten entstehen?

Einigkeit herrscht unter den Teilnehmenden bei der Bewertung der Stellung von Zivilgesellschaft: Zivilgesellschaftliches Engagement hat schon immer eine wichtige Rolle in der Bundesrepublik gespielt. Man kann sie als einen dritten Sektor neben Politik und Wirtschaft bezeichnen, so eine Teilnehmerin. Durch die Flüchtlingsfrage und die damit verbundene Zunahme von privatem Engagement wird die Zivilgesellschaft nun aus anderen Blickwinkeln gesehen. Ein Beispiel hierfür sind Migrantenselbstorganisationen, deren Bedeutung für die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund zuletzt kontrovers diskutiert wurde. Bislang galten diese Organisationen zum Teil auch als Integrationshemmnisse. Aktuell wird ihnen dagegen von Wissenschaft und Öffentlichkeit eine wichtige Rolle bei dem Umgang mit der Flüchtlingsfrage beigemessen. Vor diesem Hintergrund plädiert eine Teilnehmerin für die Akzeptanz der postmigrantischen Gesellschaft in Deutschland.

Resümee

Im Gespräch zeigt sich recht schnell ein Konsens der Teilnehmenden: Zivilgesellschaft spielt bei der Integration von Geflüchteten eine zentrale Rolle. Dies bezieht sich zum einen auf das verstärkte Engagement, das bisher zu erkennen war und zum anderen auf die Feststellung, dass die Flüchtlingsfrage Deutschland vor eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung stellt. Auch Geflüchtetenselbstorganisationen haben, so zeigt der Praxisinput von Kibreab Habtemichael, einen wichtigen Stellenwert bei der Integration Geflüchteter. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, verschiedene Fragen nach der Koordination und dem bestmöglichen Umgang mit zivilgesellschaftlichem Engagement zu stellen. Die große Zunahme von zivilgesellschaftlichem Engagement im Zuge der verstärkten Zuwanderung nach Deutschland kann auch genutzt werden, um Umgangsweisen mit Zivilgesellschaft und ihre Koordination im Allgemeinen zu überdenken. Damit verknüpft sich die Forderung an staatliche Stellen, Zivilgesellschaft zumindest grundlegend zu koordinieren und Strukturen zu schaffen, in denen privates Engagement wertschätzend und gewinnbringend genutzt werden kann.

Der Diskurs über die Integration von Geflüchteten lässt außerdem Rückfragen auf grundlegende soziale Bedingungen in Deutschland zu. Ein neuer sozialpolitischer Diskurs ist, so der Konsens der Teilnehmenden, in diesem Zusammenhang erstrebenswert. Denn neben dem Engagement für Geflüchtete kann auch ein Zuwachs von Engagement gegen Geflüchtete verzeichnet werden. Es gilt in Zukunft, so ein Ergebnis der Diskussion, einen Weg für den Umgang mit allen Formen zivilgesellschaftlichen Engagements zu finden.

Die Autorinnen: Natascha Riegger M.A., Ethnologin und Kulturanthropologin, ist wissenschaftliche Referentin der Schader-Stiftung. Vera Elena Albrecht studiert Soziologie an der Technischen Universität Darmstadt und war Praktikantin der Schader-Stiftung.

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