Filtern Sie im Bereich "Themen"

Thema
  • Gemeinwohl und Verantwortung
  • Demokratie und Engagement
  • Nachhaltige Entwicklung
  • Vielfalt und Integration
  • Kommunikation und Kultur
  • Stadtentwicklung und Wohnen
  • Demographie und Strukturwandel

Zur Filterung muss mindestens ein Thema ausgewählt sein.

Fokus
Zeitraum
Was bewegt Sie?

Sie haben offene Fragen? Anregungen? Ideen?

Wir kommen gerne mit Ihnen ins Gespräch. Bitte hinterlassen Sie das, was Sie bewegt, im Schader-Dialog.

Rahmenbedingungen kommunaler Integrationspolitik

Artikel vom 01.12.2011

Integrationspolitik in den Kommunen in Deutschland unterliegt spezifischen politisch-strukturellen Rahmenbedingungen, die im Wesentlichen bestimmt sind von dem grundlegenden politischen Wandel und Stellenwert der Migrations- und Integrationspolitik in Deutschland, von der föderalen Aufgabenteilung zwischen den staatlichen Ebenen bei der Ausgestaltung der Migrations- und Integrationspolitik sowie von der schwierigen kommunalen Finanzsituation.

Wandel der Migrations- und Integrationspolitik in Deutschland

Die gesellschaftspolitische Debatte um Zuwanderung und damit die politisch-strukturellen Rahmenbedingungen für die Kommunen in der Integrationspolitik haben sich in Deutschland in der letzten Dekade grundlegend verändert. Bis Mitte der 2000er Jahre war das Thema Zuwanderung noch von starken ideologischen Auseinandersetzungen zwischen den beiden großen politischen Lagern geprägt. Dies zeigte sich exemplarisch an der Debatte darüber, ob Deutschland ein Zuwanderungsland sei oder nicht. Es existierte keine klar formulierte Migrations- und Integrationspolitik in Deutschland und dieser Unstand verhinderte einen offensiven Umgang mit integrationspolitschen Fragestellungen. Auf einzelne Herausforderungen, wie zum Beispiel auf Zuwanderung von (Spät-)Aussiedlern, Asylbewerbern und Bürgerkriegsflüchtlingen in den 1990er Jahren, reagierte man mit politischen Einzelentscheidungen.

Während vor allem in den Großstädten seit den 1990er Jahren eine strategische Neuausrichtung und eine Modernisierung lokaler Integrationspolitik zu beobachten war, wurden die Realitäten und die dringenden Handlungsnotwendigkeiten auf der bundespolitischen Ebene erst spät anerkannt. Beginnend mit den politischen Kompromissen im Rahmen des Zuwanderungsgesetzes aus dem Jahr 2004/2005 verpflichteten sich im 2007 verabschiedeten Nationalen Integrationsplan Bund, Länder und Kommunen mit Verbänden, Stiftungen und Migrantenorganisationen erstmals auf gemeinsame integrationspolitische Leitlinien und Zielsetzungen. Über die Vorreiterstädte hinaus erfolgte eine breite und zum Teil durch Landesinitiativen unterstützte Implementierung integrationspolitischer Handlungsansätze. In diesem Kontext hat die kommunale Integrationspolitik erheblich an Bedeutung gewonnen.

Die Verantwortung der Kommunen für eine erfolgreiche Integration vor Ort wird im Nationalen Integrationsplan ausdrücklich betont (BBMFI 2007). Es stellen sich dennoch verschiedene Fragen der Zuständigkeitsteilung auf der kommunalen Ebene zwischen Landkeisen und kreisangehörigen Städten und Gemeinden. Beeinflusst von bundesweiten politischen Trends und gesetzlichen Bestimmungen, aber auch durch verschiedene lokale Einflussfaktoren, definieren die Kommunen ihre Aufgaben im Feld Integration heute unterschiedlich. Entsprechend wichtig ist es, die Handlungsspielräume kommunaler Integrationspolitik innerhalb des politischen Gefüges näher zu analysieren.

Aufgabenverständnis kommunaler Integrationspolitik

Lokale Faktoren wie Größe, Struktur, Ressourcen und Organisationen, politische, institutionelle, ökonomische und soziale Rahmenbedingungen, aber auch der lokal-politische Wille bestimmen die Gestaltung der Integrationspolitik in den einzelnen Kommunen.

Das Themenfeld Integration ist dementsprechend unterschiedlich in den Verwaltungsstrukturen der Kreise und Städte verankert. Dies führt somit zu einer deutlich heterogenen Landschaft kommunaler Integrationspolitik. Im Gegensatz zu den industriell geprägten Regionen und den Ballungsräumen mit einer höheren Zahl an Migrantinnen und Migranten haben sich die Kommunen des ländlichen Raums in der Regel erst relativ spät mit integrationspolitischen Fragestellungen befasst. In vielen Städten, Gemeinden und Landkreisen begann der Schwerpunkt der Integrationsarbeit in den 1990er Jahren mit der Integration von (Spät)Aussiedlern. In dieser Zeit enstanden auf Intitiative der Aussiedlerberatungsstellen der Wohlfahrverbände verschiedene Aussiedlerarbeitskreise und damit erste Migrationsnetzwerke. Ziel dieser Netzwerke war die bessere Koordination der Integrationsarbeit, der Informationsaustausch über aktuelle Projekte und die Abstimmung von Handlungsschwerpunkten. Erste Projekte richteten sich vor allem auf die Kinder- und Jugendarbeit. Die Integrationsarbeit war auf die Lösung sozialer Probleme und Prävention orientiert. Eine Perspektivänderung hin zu einer potenzialorientieren und einer strategisch ausgerichteten Integrationspolitik beginnt sich erst allmählich zu entwickeln.

Die Handlungsspielräume der Kommunen

Im Bereich der Integrationspolitik sind die Handlungsspielräume der Kommunen unterschiedlich stark ausgeprägt: Der Bund definiert im Rahmen seiner allgemeinen Gesetzgebungskompetenz die Rahmenbedingungen der Zuwanderung. Zentrale integrationsrelevante Politikfelder, wie zum Beispiel der Bildungsbereich, werden maßgeblich von den Ländern gestaltet. Ebenfalls nicht in die Zuständigkeit der Kommunen fallen die Migrations- und Integrationspolitik, wie Einwanderungsgesetzgebung, Definitionen des Flüchtlingsstatus und die Regelung zur Residenzpflicht.

Trotzdem wird den Kommunen bei der Integration von Migrantinnen und Migranten eine zentrale Funktion zugewiesen. Das führt zu dem Dilemma, dass Integration zwar „vor Ort“ in den Städten und Gemeinden stattfindet, die Bedingungen der Integration aber nicht in Gänze durch Kommunen beeinflusst werden können. Die integrationspolitischen Möglichkeiten der Kommunen werden dabei in der öffentlichen Debatte gleichzeitig über- und unterschätzt.

Überschätzt werden sie, weil die Grundlagen der sozialen, ökonomischen und politischen Integration von Migrantinnen und Migranten durch nationale oder sogar globale Entwicklungen beeinflusst werden und sich der Reichweite kommunaler Politik entziehen. Bei den pflichtigen Selbstverwaltungsaufgaben in den Bereichen Erziehung, Soziales, Gesundheit etc. sind die Gestaltungsmöglichkeiten der Kommunen ebenfalls durch die Entscheidungen und Zuständigkeiten auf Bundes- und Landesebene eingeschränkt. Zudem verpflichtet der Subsidiaritätsgrundsatz die Kommunen dazu, insbesondere in den integrationsrelevanten Bereichen (vorschulische Betreuungsangebote, Sozial- und Familienberatung, Jugendhilfe) die Aufgaben an freie Träger zu übertragen und deren Angebote in weiten Teile zu finazieren. In all diesen Punkten zeigen sich die Grenzen der Gestaltungsmöglichkeiten der Kommunen.

Auf der anderen Seite werden die Handlungsmöglichkeiten der Kommunen auch unterschätzt. Denn die Kommunen haben im Rahmen ihrer Selbstverwaltung grundsätzlich einen im Vergleich zu anderen Staaten hohe Gestaltungsspielraum: im Bereich der kommunalen Daseinsvorsorge und bei der Ausgestaltung landes- und bundesgesetzlicher Aufgabenzuweisungen und Rahmensetzungen.

Die bundesweite Aufwertung und Neuausrichtung der Integrationspolitik hat die Kommunen auch finanziell entlastet und gleichzeitig in der Integrationsarbeit die Handlungs- und Gestaltungsspielräume kommunaler Integrationspolitik erweitert. Den größten Handlungsfreiraum haben Kommunen im Bereich der freiwilligen Aufgaben, die sich über Maßnahmen im Sinne der lokalen Daseinsvorsorge bis hin zur Unterhaltung kultureller und sozialer Einrichtungen erstrecken. Diese Leistungen sind allerdings wiederum stark von der kommunalen Finanzsituation abhängig. Deshalb wird die Rolle der Kommunen eher in der Moderation der Integration gesehen, die es ihnen ermöglicht, in der Integrationspolitik auch dort aktiv zu sein, wo sie keine unmittelbare Zuständigkeit haben. Es zeigt sich: Die Ambivalenzen kommunaler Integrationspolitik sind zum großen Teil eine Folge der unübersichtlichen und nicht ausreichend definierten Zuständigkeitsverteilungen und Aufgabenüberschneidungen im föderalen politischen System der Bundesrepublik Deutschland.

Integrationspolitik zwischen föderaler Zuständigkeit und Aufgabenteilung

Die strukturelle Rolle der Kommunen in der Integrationspolitik ist zunächst durch ihre Position im föderalen Staatsaufbau der Bundesrepublik Deutschland bestimmt. Artikel 28 Abs. 2 des Grundgesetzes garantiert die kommunale Selbstverwaltung. Danach regeln die Kommunen als örtliche Ebene  des politischen Systems in Deutschland "Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung". Die Kommunen gelten dabei staatsrechtlich nicht als eigene staatliche Ebene neben Bund und Ländern. Dennoch sind sie faktisch der zentrale Träger der öffentlichen Verwaltung in Deutschland und somit in der Verantwortung für die administrative Bearbeitung der Integrations- und Migrationspolitik.

Integrationsangebote des Bundes

Neben dem rechtlichen Rahmen hat der Bund mit dem Zuwanderungsgesetz 2005 erstmals auch konkrete Zuständigkeiten bei der Förderung der Integration von Migrantinnen und Migraten übernommen. Zentrale Maßnahmen sind die Integrationskurse des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Diese bestehen zum Großteil aus einem Sprachkurs, der durch sogenannte Orientierungskurse, die Kenntnisse der Rechtsordnung, Kultur und Geschichte Deutschlands vermitteln, ergänzt wird. Die Kosten der Integrationskurse werden vom Bund getragen, die Regionalstellen des BAMF sind verantwortlich für die Zulassung der Kursträger. Neben den Volkshochschulen sowie den Berufs- und Erwachsenenbildungswerken der Gewerkschaften und Kirchen wurden auch zahlreiche private Bildungsinstitutionen als Träger von Integrationskursen anerkannt und zertifiziert.

Darüber hinaus ist die bundesgeförderte Migrationsberatung für erwachsene Zugewanderte fester Bestandteil des Regelungsrahmens des Zuwanderungsgesetzes. Mit Änderung des Zuwanderungsgesetzes 2005 wurden die ehemaligen Aussiedlerberatungsstellen in Migrationsberatungsstellen umgewandelt, die sich an alle Migrantinnen udn Migranten richten. Dieses Beratungsangebot wird ausschließlich von den Wohlfahrtsverbänden getragen. Aus Bundesmitteln werden außerdem die Jugendmigrationsdienste (gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen udn Jugend) gefördert.

Die integrationskursergenzenden Maßnahmen und die Verbundsprojekte in den Handlungsfeldern Sprache, Bildung und Beruf erweitern das Kurs- und Beratungsangebot für erwachsene Zugewanderte. Die Verbundsprojekte richten sich an bestimmte Zielgruppen, das Angebot reicht von Alphabetisierungskursen über Frauenkurse bis hin zu berufsbezogener Sprachförderung. Die Verbundsprojekte können vorbereitend, parallel oder im Anschluss an die Integrationskurse stattfinden.

Als Folge der geänderten Arbeitsmarktgesetze ("Hartz-Reformen") verlagerte sich die Zuständigkeit für die Mehrzahl der anspruchsberechtigten arbeitslosen Migrantinnen und Migranten, die zuvor häufig Sozialhilfe durch die Kommunen bezogen, auf die Bundesagentur für Arbeit. Diese Zuständigkeit bleibt auch in Zukunft in denjenigen Kommunen bestehen, die nicht als sogenannte Optionskommunen die Betreuung der Arbeitslosen in Eigenregie übernehmen, sondern gemeinsame Einrichtungen mit der Bundesagentur für Arbeit installieren. Darüberhinaus fördert der Bund im Rahmen von Modellprojekten in den unterschiedlichen Politikbereichen und in der Zuständigkeit der jeweiligen Ressorts der Bundesregierung Integrationsprozesse in den Bereichen Arbeit, Familie, Jugend, Bildung, Gesundheit, Wohnen, bürgerschaftliches Engagement etc. Hinzu kommen befristete Projektförderungen durch den Europäischen Integrationsfonds (EIF) und verschiedene Stiftungen.

In vielen für die Integrationsprozesse vor Ort relevanten Politikbereichen hat der Bund keine originäre Förderzuständigkeit. Der Bereich schulische Bildung und Erziehung liegt in der Zuständigkeit von Ländern und Kommunen, und mit der Föderalismusreform wurden durchaus gängige Mischfinanzierungen zwischen den staatlichen Ebenen nahezu ausgeschlossen. Lediglich im Rahmen der Städtebauförderung hat der Bund durch das Programm "Soziale Stadt" einen wesentlichen Beitrag zur Finanzierung von integrierten und stadtteilbezogenen Konzepten und Maßnahmen zur sozialen Integration von Migrantinnen und Migranten in die Wohnumgebung geleistet. Allerdings hat sich der Bund wegen erheblicher Kürzungen im Rahmen der Haushaltsbeschlüsse für das Jahr 2011 weitgehend aus dieser von Kommunen und Experten hochgelobten Förderung zurückgezogen. Der Fortbestand dieses Programms ist ungewiss.

Angebote und Zuständigkeiten der Länder

Wesentlichen Einfluss auf die Integrationspolitik in den Kommunen haben die Länder mit ihren jeweils spezifischen Rahmenbedingungen und Rahmensetzungen. So wurden von einigen Bundesländern inzwischen eigene Integrationsministerien eingerichtet.

Das Land Niedersachsen unterstützt die kommunale Integrationsarbeit in den Landkreisen durch die Bereitstellung von Personal in lokalen Leitstellen für Integration. Als erster Ansprechparter zum Thema Integration von Migranten vernetzen die Mitarbeiter Behörden, Ämter, Verbände und Organisationen. Das Land Hessen unterstützte bereits im Jahr 2001 in einer Modellphase die Einrichtung von Integrationsbüros. In Nordrhein-Westfalen gibt es das Programm „KOMM-IN NRW - Innovation in der kommunalen Integrationsarbeit“. Seit 2005 fördert das Programm Transparenz, Vernetzung und strategische Steuerung von Integrationsangeboten und -hilfen in den Kommunen. Das Förderkonzept liegt in Verantwortungsbereich des nordrhein-westfälischen Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales.

Erhebliche länderspezifische Unterschiede bei der Berücksichtigung und Förderung integrationsrelevanter Belange bestehen besonders dort, wo die Länder im Rahmen der föderalen Aufgabenteilung unmittelbar zuständig sind: in den Bereichen schulische Bildung, Erziehung und Kultur. Die Förderung von Migrantenorgenisationen, von muttersprachlichen Angeboten oder die finanzielle Ausstattung von Volkshochschulen, Jugend- und Wohlfahrtsverbänden mit zum Teil migrationsspezifischen Bildungs- und Beratungsangeboten unterscheidet sich von Land zu Land.

Die Länder haben auch wesentlichen Einfluss auf Prozesse der interkulturellen Öffnung, etwa in den Schulen. Ihnen obliegt die Einstellung von Lehrern mit Migrationshintergund in den Schuldienst oder die Förderung der interkulturellen Kompetenz in der Aus- und Weiterbildung von Lehrern. Auf Landesebene wird zudem entschieden, wie viel politischen und rechtlichen Spielraum sie den Kommungen bei der Ausgestaltung eines kommunalen Bildungsmanagements und bei der aktiven Öffnung und Vernetzung von Bildungeinrichtungen einräumen.

Die schulische Bildungspolitik ist allerdings auch ein ausgewiesenes Beispiel für die Grenzen oder Hemmnisse der föderalen Arbeitsteilung. Während die Kommunen in der Regel für die baulich-sachliche Schulausstattung zuständig sind, bestimmen die Länder im Rahmen ihrer Bildungshoheit die grundlegende Ausrichtung des Schulsystems, die Inhalte und die personelle Ausstattung der Schulen. Auch der Bund förderte in der Vergangenheit, beispielsweise durch den Ausbau der Ganztagschulen die Investitionen in Bildungsbereich. Im Geflecht dieser Aufgabenteilung kommt es zu Reibungsverlusten, Zuständigkeitsgerangel, hohen Transaktionskosten sowie Abstimmungs- und Kommunikationsproblemen, die effektives Bildungsmanagement vor Ort erschweren.

Arbeitsteilung zwischen Landkreisen und Gemeinden

Eine Besonderheit der föderalen Arbeitsteilung im ländlichen Raum liegt in der Zuständigkeitsteilung der kommunalen Ebene in den Bereich von Landkreisen und kreisangehörigen Städten und Gemeinden. Für Städte und Gemeinden ergeben sich aus ihrer Keisangehörigkeit spezifische Rahmenbedingungen für die Ausprägung von Integrationsstrukturen. Die Landkreise und ihre Gemeinden sind jeweils selbstständige Gebietskörperschaften. Zwischen ihnen gibt es in Hinblick auf den Verwaltungsaufbau keine hierarchische Über- bzw. Unterordnung. Als Glieder einer gestuften Verwaltung teilen sich beide Gebietskörperschaften kommunale Aufgaben in einer Art Funktionsverbund. Die Zuordnung von Aufgaben zwischen Kreis und Gemeinden ist in vierlerlei Hinsicht klar definiert, danach übernimmt der Kreis lediglich Aufgaben der „überörtlichen Gemeinschaft“. Zu diesen Aufgaben gehört u.a. das Ausländerwesen.

Die Aufgabenzuordung ist jedoch auch von der Bevölkerungszahl und damit von der Leistungskraft der Gemeindeverwaltung abhängig. Die Leistungsunterschiede von Gemeinden und Städten zwischen 100 und 100 000 Einwohnern sind somit zwangsläufig. Insbesondere kleine Gemeinden haben eine wenig verzweigte Verwaltungsstruktur. Das hat, etwa in den Bereichen Jugend- und Sozialhilfe, eine Aufgabenverschiebung an die jeweiligen Landkreise zur Folge.

Die Ambivalenz von Modell- und Projektförderungen

Generell gilt, dass für den Aufbau kontinuierlicher Arbeitsstrukturen der Integationsarbeit in den Kommunen die vielfältigen und zum Teil unübersichtlichen Angebote auch ein Problem darstellen. Befristete Modell- und Projektföderungen auf verschiedenen Ebenen und in den unterschiedlichen Ressorts geben zwar wichtige Impulse in dei Kommunen, aber mit dem Wegfall der Förderung besteht häufig die Gefahr des Zusammenbrechens von aufgebauten Arbeitsstrukturen. Im Vergleich zur Großstadt entstehen durch die begrenzte Anzahl von Angeboten und Projekten in ländlichen Raum mit dem Auslaufen einzelner Projekte oft Lücken, die nicht durch alternative Angebote geschlossen werden können.

 

Enge finanzielle Spielräume für die Kommunen

Generell ist die kommunale Ebene in ihrer Rolle als Garant erfolgreicher Integration „gemessen an ihrer Finanzausstattung sowie der administrativen und politischen Kompetenz die am schlechtesten ausgestattete Politikebene”.1 Kleine Städte und Gemeinden weisen allein aufgrund ihrer Größe entsprechen kleinere Finanz- und Personalbudgets auf. Kleine Verwaltungne haben einen gerigeren Spielraum, um veränderte Aufgabenzuschnitte umzusetzen, es fällt ihnen schwer, beispielweise personelle Ressourcen für eine Integrationsbeauftragten zu schaffen. Hinzu kommt die Schwierigkeit, entsprechend fachlich qualifiziertes Personal innerhalb der eigenen Verwaltung zu finden.

Neben diesen strukturell bedingten engeren Handlungsspielräumen stehen viele Kommunen vor einer schwierigen Finanzsituation. Grund dafür sind die stetig steigenden Sozialausgaben in den Kommunen: So stiegen die Kosten von 26 Milliarden Euro im Jahr 2000 auf 41 Milliarden im Jahr 2010.

Die insgesamt kritische Haushaltslage der Kommunen muss aber binnendifferenziert betrachtet werden: Während in den wirtschaftlich starken Städten insbesondere die Gewerbesteuereinnahmen wieder deutlich steigen, verharren die wirtschaftlich schwächeren Städte und Gemeinden in der „Schuldenfalle“. Sie agieren oft am Rand der kommunalen Handlungsfähigkeit. Der Städte- und Gemeindebund sieht dadurch sogar grundsätzlich die lokale Demokratie gefährtet. Viele Kommunen unterliegen im Rahmen des Haushaltssierungsgesetzes einer strengen Haushaltskontrolle durch die Kommunalaufsicht. In diesem Rahmen ist es vielen Kommunen kaum mehr möglich, über gesetzliche Pflichtaufgaben hinaus eigene Ausgaben zu tätigen. Davon sind auch die Ausgaben für die Integrationsarbeit betroffen. Zudem können sich diese Kommunen nicht mehr an Förderprogrammen der übergeordneten staatlichen Ebenen beteiligen, da sie den kommunalen Eigenanteil an diesen Programmen nicht erbringen können bzw. auch nicht dürfen.

Diese langfristig bstehenden regionalen und lokalen Unterschiede der kommunalen Finanzentwicklung gefährden laut Expertenmeinungen das in Grundgesetz garantierte Prinzip der Herstellung gleichwertiger Lebenverhältnisse. Inzwischen ist völlig unbestritten, dass die Kommunen in Deutschland strukturell unterfinanziert sind und deshalb Änderungen in der föderalen Finanzverteilung im Rahmen einer Gemeindefinanzreform erforderlich sind.

Gleichwohl gibt es auch in finanziell schwierigen Lagen durchaus Handlungsmöglichkeiten kommunaler Integrationspolitik, sofern der politische Wille und die entsprechende Prioritätensetzung bestehen.

1 Bogumil, Jörg (2001): Moderisierung lokaler Politik. Kommunale Entscheidungsprozesse im Spannungsfeld zwischen Parteiwettbewerb, Verhandlungszwängen und Ökonomisierung. Baden-Baden: Nomos, S. 17f.

Cookie-Einstellungen

Unsere Seite verwendet Cookies und ähnliche Technologien. Hierbei wird zwischen technisch notwendigen Cookies zum Bereitstellen der Webseite und optionalen Cookies, z.B. zur Auswertung der Webseitennutzung, unterschieden.
Mehr Informationen dazu finden Sie in unseren Datenschutzhinweisen. Dort können Sie auch jederzeit Ihre Präferenzen anpassen.

Erweiterte Einstellungen