Call for Papers: „Sicher im Norden“ – Innere und Äußere Sicherheit in den skandinavischen Ländern
Artikel vom 21.08.2023

Wir wollen wieder über den Norden sprechen! In der vierten Ausgabe unserer Reihe "Nordic Talking" geht es um die Sicherheitspolitik der Länder. Sowohl innenpolitisch wie auch außenpolitisch. Bewerben Sie sich mit einem Paper bis zum 15. November 2023!
Beginn: 16.02.2024 | 10:30 Uhr
Ende: 16.02.2024 | 18:30 Uhr
Ort:
Schader-Forum | Goethestraße 2 | 64285 Darmstadt
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Sicher im Norden!
Die Länder des Nordens sind hinsichtlich einer Bandbreite an Themen wie Gleichberechtigung, Innovation und Digitalisierung vielen anderen europäischen Ländern – vermeintlich? – voraus. Technologien werden rasch adaptiert und gesellschaftlich aktiv angenommen. Die Menschen wirken zufriedener, Hygge, Bullerbü und Co. verleihen den Ländern ein positives und unschuldiges Image – der Blick von außen wird mit vorauseilendem Idealismus unterlegt. Der Norden scheint die Projektionsfläche für eine bessere, heilere Welt zu sein.
Innere Sicherheit
Aber die nordischen Länder sind auch immer wieder im Kontext von Kriminalität, Gewalt und Extremismus in den Medien. Innere Sicherheit erhält erhöhte Priorität in den nationalen Diskursen, sie bestimmt politische Debatten. Selbst wenig informierte Zeitungsleser*innen kennen Malmö mittlerweile nicht mehr nur als Wirtschaftsstandort und Beispiel für Diversität und Offenheit des Nordens, sondern lesen Schlagworte wie Bandenkriminalität und Parallelgesellschaften. Sobald Kriminalitätsraten in den Fokus rücken, dreht sich der öffentliche Diskurs im Norden um Zuwanderung und Integration. Wie gehen die Gesellschaften und die Politiken mit diesen Herausforderungen um? Welche politischen Folgen sind aus den Diskursen um steigende Kriminalitätsraten entstanden?
Rechtspopulistische Parteien profitieren von diesen Debatten und sind in Skandinavien kein neues Phänomen, sie sind seit Jahrzehnten aktive politische Akteure. Teils stützen sie Minderheitsregierungen wie in Dänemark oder derzeit in Schweden, oder sie waren an Regierungen beteiligt, wie in Norwegen und Finnland. Die Interessen der Bevölkerung scheinen sich zu verschieben, es folgen Veränderungen politischer Prioritäten hin zu einer schärferen Law and Order Politik. Die Debatte um innere Sicherheit verfängt in den nordischen Gesellschaften, und daraus lässt sich politisch Kapital schlagen. Rechtpopulistische Parteien verbinden die Themen Wohlfahrtsstaat und Migration und verrechnen deren monetäre Aufwendungen. Unabhängig vom langfristigen Nutzen von Migration bedarf sie eingangs Ressourcen. Geld, das bei Transferleistungen der im Norden geborenen Menschen vermeintlich gekürzt werden muss. Die eigenen Ideale erscheinen somit bedroht und mit ihnen die jahrzehntelange liberale Einwanderungspolitik des Nordens. Innenpolitisch stehen Gesellschaft und Politik vor elementaren Fragen: Welche Rolle spielt die Sicherheitsdebatte für die Einwanderungspolitik im Norden? Wie kann den genannten Narrativen begegnet werden und welche politischen Konzepte haben hierbei Erfolg? Welche (wissenschaftlichen) Konzepte liegen diesen Veränderungsbemühungen zugrunde und sind sie, wenn überhaupt erfolgreich, auch für andere Länder adaptierbar?
Äußere Sicherheit
Die Äußere Sicherheit auch in Nordeuropa steht gegenwärtig verstärkt im Mittelpunkt internationaler politischer Aufmerksamkeit. Der russische Angriffskrieg in der Ukraine führt zu einer Neuausrichtung der europäischen und transatlantischen Sicherheitspolitik. Auch Finnland und Schweden überarbeiten ihre Position der langjährigen militärischen Bündnisneutralität. Besonders die stärker angespannte Sicherheitslage im Ostseeraum und die gemeinsame Grenze Finnlands mit Russland stehen im Fokus. Finnland ist der NATO bereits beigetreten, Schweden strebt den Beitritt konkret an. Für die NATO selbst mit den bisher dreißig Mitgliedsstaaten sind beide Beitritte attraktiv, denn Finnland wird die Nato mit einer beträchtlichen Anzahl an Berufssoldat*innen und Wehrpflichtigen deutlich verstärken. Zwar hat Schweden bedeutend weniger aktive Soldat*innen, jedoch strategische Basen in der Ostsee beispielsweise in Karlskrona und auf Gotland. Beide Nationen sind für das Militärbündnis schon jetzt verlässliche Partner. Auch wenn die Beitrittsverhandlungen Schwedens gegenwärtig noch blockiert werden, zeigt sich die Veränderung der eigenen Sicherheitspolitik in Schwedens EU-Ratspräsidentschaft mit der avisierten Vertiefung der EU-NATO-Kooperation. 1994 traten beide Staaten dem NATO-Programm „Partnerschaft für den Frieden“ bei und gehören seit 1997 dem NATO-geführten Euro-Atlantischen Partnerschaftsrat an. Bereits seit 2014 sind diese beiden Länder mit vier weiteren „Enhanced Opportunities Partners“ der NATO. Hier wird die Harmonisierung europäischer Verteidigungslogistik stark vorangetrieben. Vor allem die Bereitschaft Schwedens, sich dem Militärbündnis anzuschließen, ist aber ein nach innen und außen sichtbarer Richtungswechsel in der internationalen Sicherheitspolitik. Denn mit dem Beitritt zur NATO kommt auch die Frage nach moralischer Gestaltung eigener Sicherheitsinteressen auf. Gerade die Relevanz der Feministischen Außenpolitik als Grundpfeiler der nordischen Nationen steht damit auf dem Prüfstand. Schweden löst sich ein wenig von seiner international anerkannten und selbstbetonten Rolle als neutraler Vermittler. Dass diese Position trotz NATO-Mitgliedschaft möglich ist, beweist zwar Norwegen, doch auch hier ist die Abkehr von eigenen Idealen deutlich spürbar. Was sind die Motive dahinter, was sind die Erwartungen der nordischen Nationen an die Bündnisse? Wie relevant ist die feministische Außenpolitik in diesem Kontext?
Nordic Talking
Das vierte „Nordic Talking“ widmet sich Themen der Inneren und Äußeren Sicherheit und hat, wie die vorherigen Veranstaltungen, zum Ziel, Menschen mit Affinität zu den Ländern des Nordens, ob wissenschaftlich, biographisch oder beruflich, zusammenzubringen. Die Schwerpunkte sollen aus interdisziplinärer Perspektive behandelt und diskutiert werden, durchaus auch mit dem Anspruch, Konzepte mit der politischen und gesellschaftlichen Situation in Deutschland zu vergleichen. Reichen Sie Ihre Idee gern per kurzem schriftlichen Abstract (300 Wörter / 2000 Zeichen) an call(at)schader-stiftung.de ein. Einsendeschluss ist Mittwoch, der 15. November 2023.
Ihr Ansprechpartner ist Dennis Weis.