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Internationale Stadtgesellschaft – Neue Herausforderungen für das Leben und Wohnen in unseren Städten

Artikel vom 25.11.2013

Eine sozial und kulturell vielfältiger werdende Stadtgesellschaft erfordert die interkulturelle Öffnung der Institutionen, die Anerkennung von Differenz und eine auf den sozialen Zusammenhalt orientierte Stadtentwicklungspolitik. Die Zukunft unserer Städte hängt maßgeblich davon ab, dass ihnen die Integration der Zuwanderer gelingt, vor allem der jungen nachwachsenden Generation. Dabei soll Integration auf die Befähigung der Zuwanderer zur Teilhabe am wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Leben unter Wahrung ihrer kulturellen Eigenheiten abzielen. Von Gudrun Kirchhoff

Integration als Herausforderung für die Stadtentwicklungspolitik

Die Themen Migration und stadträumliche Integration sind seit mehreren Jahren Schwerpunkt der Arbeit der Schader-Stiftung. Im Verbund mit dem Deutschen Städtetag, dem GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen sowie den Forschungsinstituten Difu und InWIS hat die Schader-Stiftung von 2004 bis 2007 das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte bundesweite Forschungs-Praxis-Projekt „Zuwanderer in der Stadt“ federführend durchgeführt. Die Ergebnisse dieses mehr als dreijährigen Prozesses flossen maßgeblich in das Handlungsfeld „Integration vor Ort“ des Nationalen Integrationsplans ein.

Der Blick auf die Städte mit hohem Zuwandereranteil zeigt, dass Handlungsbedarf besteht, denn Probleme der Integration zeigen sich dort, wo die Menschen wohnen, vor Ort in den Quartieren. Ungeachtet aller Bemühungen, dem entgegenzuwirken, findet eine räumliche Konzentration von Zuwanderern in bestimmten städtischen Wohnquartieren statt. Dies sind vor allem die innerstädtischen Altbauquartiere, ehemalige Arbeitersiedlungen und die Großsiedlungen der 1960er und 1970er Jahre. Daran wird sich auch in Zukunft wenig ändern. Das Eigeninteresse der Zuwanderer, die Mechanismen des Wohnungsmarktes und fehlende Steuerungsinstrumente fördern diese Entwicklung.

Die bisherige stadträumliche Integrationspolitik hat vor allem auf die ethnische und soziale Mischung der Quartiersbewohner gesetzt. Dem liegt die Vorstellung zugrunde, dass eine heterogene Bevölkerungsstruktur Garant für die soziale Stabilität eines Wohnquartiers sei. Die Städte hoffen damit einer negativen Stigmatisierung begegnen zu können und eine Stabilisierung der Gebiete zu erreichen, bzw. die Gebiete für die Mittelschichtbevölkerung attraktiv zu halten.

Eine einmal entstandene Konzentration lässt sich jedoch kaum auflösen, denn:

  • Familiennachzug und Netzwerkmigration verstärken regionale Verteilungsmuster,
  • kommunale Belegungsrechte zur „Verteilung“ laufen aus
  • und durch Privatisierung (kommunaler) Wohnungsunternehmen gehen Partner für die Stadtentwicklungspolitik verloren.

Vor dem Hintergrund der Entwicklung hat sich das Projekt „Zuwanderer in der Stadt“ mit der Frage befasst, wie die Integration von Zuwanderern trotz ihrer räumlichen Segregation gelingen kann und welchen Beitrag Kommunen und Wohnungsunternehmen vor Ort in den Wohnquartieren leisten können.

Handlungsbedarf für Kommunen und Wohnungswirtschaft

Die Ausgangslage für das Projekt war zunächst die Feststellung, dass der Anteil der Personen mit Migrationshintergrund an der Gesamtbevölkerung wächst. Die Prognose „Wir werden weniger, älter, bunter“ hat mittlerweile Eingang in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gefunden. Dem Mikrozensus zufolge lebten 2005 rund 15,3 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland. Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung ist mit knapp 19 Prozent fast doppelt so hoch wie der Anteil der bisher erfassten Ausländer, die 9 Prozent der Gesamtbevölkerung ausmachen. Als Integrationsstätten der Gesellschaft fungieren dabei insbesondere die westdeutschen Großstädte: 90 Prozent der Ausländer leben im Westen der Republik und rund die Hälfte von ihnen lebt in Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern. Unter den Deutschen sind lediglich 30 Prozent Großstadtbewohner. Obgleich sich die Geburtenraten ausländischer Familien mit längerem Aufenthalt an die Aufnahmegesellschaft anpassen, werden Kinder und Jugendliche aus Zuwandererfamilien in Zukunft in einigen Städten die Mehrheit in ihrer Altersgruppe bilden. Nach Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes liegt der Anteil der Personen mit Migrationshintergrund bei den unter 6-Jährigen in einigen Städten bereits bei über 60 Prozent, u.a. Nürnberg (67%), Frankfurt am Main (65%), Düsseldorf und Stuttgart (jeweils 64%). (Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung vom 4.05.2007)

Handlungsbedarf besteht, da die Bedeutung des Arbeitsmarktes für die Integration von Zuwanderern abnimmt. Von der durch den wirtschaftlichen Strukturwandel bedingten hohen Arbeitslosigkeit sind Zuwanderer in besonderem Maße betroffen. Die Arbeitslosenquote ausländischer Arbeitnehmer liegt seit Jahren konstant doppelt so hoch wie die aller Erwerbspersonen. Je mehr der Arbeitsmarkt als „Integrationsmaschine“ an Gewicht verliert, gewinnen Nachbarschaft und Wohnumfeld – der Sozialraum -  an Bedeutung für die Integration der Zuwanderer. Insbesondere für Kinder mit Migrationshintergrund finden Lebensgestaltung und Sozialisation vor allem in der Nachbarschaft statt.

Durch ihre schwache Stellung auf dem Wohnungsmarkt, die durch eingeschränkte Mietzahlungsfähigkeit, aber auch die diskriminierende Praxis einzelner Vermieter bedingt ist, werden Zuwanderer in solche Bestände des unteren und mittleren Preissegmentes gefiltert, in denen sie Deutschen benachbart sind, deren soziale Stellung prekär ist. Darüber hinaus verstärkt die administrative Belegungspraxis in den sozialen Wohnungsbaubeständen Segregationstendenzen. Der Ausländeranteil des Quartiers wird dann häufig als Zeichen für die Destabilisierung des Stadtteils angeführt, auch wenn die Ursachen für Konflikte in diesen „überforderten Nachbarschaften“ eher in den Lebensumständen der ausländischen und deutschen Bevölkerung zu finden wären. Integrationsbedarf haben beide Seiten!

Zur Struktur segregierter Stadtteile

Im Unterschied zu den französischen banlieues oder den „Schwarzenvierteln“ in den USA ist die Zusammensetzung der Bewohnerschaft in den Zuwandererquartieren in Deutschland überwiegend multiethnisch. Die Auswertung der „Innerstädtischen Raumbeobachtung“ des BBR durch die „Arbeitsstelle Interkulturelle Konflikte und gesellschaftliche Integration“ am WZB hat belegt, dass Stadtviertel, in denen eine Nationalität dominiert, in Deutschland untypisch sind. Es gibt Gebiete, in denen der Ausländeranteil 50 Prozent und mehr beträgt (Bsp. Bahnhofsviertel in Frankfurt am Main mit 63%), doch es gibt ausgesprochen wenige Viertel, in denen eine ethnische Gruppe überhaupt einen Anteil von zehn Prozent erreicht. Der Anteil an Bewohnern ohne Migrationshintergrund in den Ausländervierteln“ ist immer noch hoch, und die Konzentrationsgebiete sind zudem relativ kleinräumig. „Dennoch lässt sich eine gewisse Tendenz bestimmter Migrantengruppen feststellen, dort zu wohnen, wo auch relativ viele Landsleute wohnen.“ (Schönwälder, Karen: Bunter als die Politik behauptet. Abschottungstendenzen von Migranten werden überschätzt. WZB-Mitteilungen, Heft 113, Sept. 2006, S. 23)

Empfehlungen zur stadträumlichen Integrationspolitik

Die soziale und ethnische Segregation in den Wohnquartieren ist mit Blick auf die Integration ihrer Bewohner differenziert zu betrachten. So lassen sich neben negativen Effekten räumlicher Segregation, wie etwa Abschottungstendenzen, auch positive und integrationsfördernde Aspekte beobachten: Die Nachbarschaft von Familie und Landsleuten kann Zuwanderern einen geschützten Raum bieten, der ihnen das Ankommen in der Aufnahmegesellschaft erleichtert. In den sozialen und familiären Netzen finden neu Zugewanderte materielle und immaterielle Hilfen. Ethnische Ökonomien sowie eine auf die kulturellen und ökonomischen Bedürfnisse der Zuwanderer abgestimmte Infrastruktur entwickeln sich leichter bei räumlicher Nähe.

Ungeachtet dessen müssen „Städte darauf hinarbeiten, dass die räumliche Segregation von Zuwanderern – gleich welcher Ursache – nicht zu deren Ausschluss aus der Gesellschaft führt. Räumliche Segregation in benachteiligten und benachteiligenden Quartieren darf nicht zum Integrationshemmnis werden“ (Verbundpartner "Zuwanderer in der Stadt“: Empfehlungen zur stadträumlichen Integrationspolitik, Darmstadt 2005, S. 21).

Dem Projekt „Zuwanderer in der Stadt“ ging es darum, den negativen Begleiterscheinungen sozialräumlicher Segregation entgegenzuwirken und deren positive Effekte zu verstärken.
Mit anderen Worten: Der Aufstieg für Zuwanderer und „Einheimische“ zugleich muss innerhalb des Quartiers möglich sein. „Integration trotz Segregation“ lautet die Forderung.

Um die Integrationsfähigkeit des ethnisch geprägten Quartiers zu erhöhen, sollten die Kommunen einige allgemeine Empfehlungen berücksichtigen:

  1. Integrationspolitik zeigt insbesondere dann Erfolge, wenn Sie einen hohen Stellenwert in der kommunalen Politik einnimmt, die Verwaltungsspitze die Federführung innehat und sie zu einem zentralen Element ihres kommunalpolitischen Handelns erklärt.
  2. Die Bündelung von Ressourcen und ein ressortübergreifender Politikansatz sind Voraussetzung für eine erfolgreiche Integrationsarbeit vor Ort ist. Das Bund-Länder-Programm „Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf – die Soziale Stadt“ hat hier einen großen Lerneffekt erzielt.
  3. Statt sich mit „Strohfeuer“-Projekten zu verzetteln und durch deren kurze Laufzeit im Stadtteil Enttäuschung und Frustration zu erzeugen, ist Konzentration auf wenige, aber dafür auf Dauer angelegte Integrationsmaßnahmen angezeigt.
  4. Die Verwaltungen der Kommunen und der Wohnungswirtschaft müssen sich mehr als bisher interkulturelle Kompetenz aneignen, sei es durch Fortbildung, sei es – noch besser – durch Einstellung von Personal mit Migrationshintergrund. Die Zuwanderer müssen sich und ihresgleichen in den Institutionen wiederfinden, damit sie einen Anreiz haben, sich mit der Gesellschaft zu identifizieren. Wir brauchen diese Menschen als „Brückenbauer“ und Vorbilder.
  5. Grundlage für die Integrationsarbeit vor Ort sollte ein integrationspolitisches Handlungskonzept mit überprüfbaren Zielen und einem begleitenden Integrationsmonitoring sein. Dies setzt genaue Kenntnisse über den kulturellen und sozialen Hintergrund der Zuwanderer-Communities voraus.

Aus Sicht der an dem Projekt beteiligten Städte haben die Handlungsfelder Bildung, Migrantenökonomie und Partizipation maßgebliche Bedeutung für das Gelingen von Integration.

Bildung: Die Öffnung der Schule zum Stadtteil

Eine besondere Bedeutung hat die Art und Qualität des Bildungsangebotes im Quartier. Durch den Ausbau vorschulischer Fördermaßnahmen und die Erweiterung zu Ganztagsschulen sollte der nicht zuletzt durch PISA belegte Zusammenhang von sozialem Status des Elternhauses und Verlauf der Bildungskarriere durchbrochen werden. 19,5 Prozent der ausländischen Jugendlichen haben keinen Schulabschluss. Nicht nur aus sozialen sondern auch aus ökonomischen Gründen kann es sich die Gesellschaft angesichts der demographischen Entwicklung nicht leisten, dass die Bildungswege von Migrantenkindern noch immer deutlich schlechter verlaufen als die gleichaltriger Deutscher.

Zentrale Elemente zur Verbesserung der Bildungschancen wären: Eine bessere Erzieherausbildung möglichst auf Fachhochschulniveau sowie in Sprachförderung gezielt qualifizierte Grundschullehrer, eine stärkere Einbeziehung der Eltern und Elternbildung. Notwendig sind integrierte Strategien für Schule, Jugendhilfe und Stadtentwicklung sowie die Zusammenarbeit der Institutionen und Akteure. In den Städten gibt es bereits viele ermutigende Beispiele, die als Modellvorhaben jedoch häufig zeitlich begrenzt sind. Als problematisch haben sich gerade für Migrantenkinder auch die „Übergänge“ erwiesen, also der Schritt vom Kindergarten in die Grundschule, von der Grundschule auf die weiterführende Schule und vor allem der Übergang in Ausbildung und Berufsleben. Um den Jugendlichen letzteres zu erleichtern, sollten die Schulen „Praxisklassen“ vorsehen und Betriebsbesuche sowie Praktika vermitteln.

Die „Empfehlungen zur stadträumlichen Integrationspolitik“ sprechen sich dafür aus, dass sich die Schulen im Quartier als Orte der Integration mit einem übergreifenden Bildungsauftrag verstehen. Als „Stadtteilschule“ und „Bürgerzentrum“ öffnet sie sich für Informationsveranstaltungen und soziale Dienstleistungen auch für Erwachsene. Im Zuge der Erwachsenenbildung können z.B. die Kontakte zwischen Schule und Elternhaus verbessert und Schwellenängste der Eltern gegenüber Bildungseinrichtungen verringert werden. Diesen Effekt machen sich mittlerweile viele „Mama lernt Deutsch“ - Angebote zunutze.

Zur Erreichung dieser Ziele muss die kommunale Schulentwicklungsplanung gestärkt werden. Die Berichterstattung zur örtlichen Sozialstruktur und vergleichbare Erhebungen sind zu verknüpfen mit lokaler Bildungsberichterstattung.

Neben der Bedeutung der Bildung für den individuellen Aufstieg in der Gesellschaft hat die konkrete Schulsituation vor Ort darüber hinaus auch Auswirkungen auf die Stabilität des Stadtteils. Defizite im Bildungsangebot bewegen bildungsorientierte Eltern dazu, den Stadtteil zu verlassen. Potenzielle Vorbilder gehen dem Stadtteil damit verloren.

Lokale Migrantenökonomie

Die Tatsache, dass das ethnische Gewerbe keine Nischenökonomie mehr ist, verdeutlichen einige Zahlen: Etwa 300.000 Ausländer sind in Deutschland als Unternehmer tätig. Der Gesamtumsatz der Migrantenökonomie in Deutschland soll sich inzwischen auf jährlich 44 Milliarden Euro belaufen und nimmt weiterhin zu. Schätzungsweise 1,2 Mio. Arbeitsplätze stellen die Unternehmen der Migrantenökonomie bereit.  Die hohen Gründungsraten der letzten Jahre lassen sich zwar einerseits positiv als Bekenntnis zur Wahlheimat Deutschland werten, andererseits handelt es sich häufig um nicht ausreichend geplante Existenzgründungen, um einer möglichen Arbeitslosigkeit zu entgehen.

Gleichwohl ermöglicht die Migrantenökonomie durch Schaffung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen Zuwanderern die Teilnahme am Erwerbsleben und damit die Unabhängigkeit von staatlichen Transferleistungen. Durch die wachsende Bedeutung für die Nahversorgung im Stadtteil kann die lokale Migrantenökonomie auch eine Brückenfunktionen zu den Einheimischen übernehmen und zur Aufwertung des Wohnquartiers beitragen.

Von Zuwanderern geführte Betriebe sind allerdings häufig aufgrund ihrer geringen Größe nicht in der Lage, sich als Ausbildungsbetrieb zu betätigen. Daher sollte die Bildung lokaler Ausbildungsverbünde unterstützt werden, mit denen beispielsweise die Städte Mannheim und Nürnberg gute Erfahrungen gemacht haben.

Die Migrantenökonomie sollte als Aufgabengebiet der professionellen kommunalen Wirtschaftsförderung etabliert und die Gründungsberatung und -betreuung ausgebaut werden. Niedrigschwellige Beratungsangebote vor Ort und interkulturell geschulte Berater, die beispielsweise ihre ausländischen Klienten auch bei Behördengängen begleiten, könnten dafür sorgen, die Voraussetzungen der Unternehmensgründung transparenter zu machen und somit vermeiden, dass einer oftmals schnellen, unvorbereiteten Gründung durch den hohen Wettbewerbsdruck alsbald die Insolvenz folgt.

Partizipation und Teilhabe

Partizipation und gesellschaftliche Teilhabe sind wesentliche Voraussetzung für den Integrationsprozess. Doch Partizipation kann nur dann erfolgreich initiiert werden, wenn sie die reale Mitwirkung an Entscheidungsprozessen ermöglicht, sie darf kein Feigenblatt sein. Zuwanderer müssen im Prozess der Integration als Subjekte agieren können. Sie an der Entwicklung von Integrationsmaßnahmen und -projekten zu beteiligen, ist daher eine wichtige Forderung. Dafür müssen Kommunen die Zuwanderer als Potenzial erkennen, Raum für ihre Beteiligung schaffen und den Kontakt zu ihnen etwa über Migranten-Selbstorganisationen intensivieren. Multiplikatoren spielen dabei eine wichtige Rolle. Daher ist die interkulturelle Orientierung und Öffnung von Verwaltung und Wohnungsunternehmen von besonderer Bedeutung.

Eine möglichst umfassende Beteiligung der Bewohner im Quartier ist nicht nur im demokratiefördernden Sinne relevant. In sozial benachteiligten Stadtteilen trägt die Beteiligung der Bewohner auch zur Stabilisierung und Aufwertung des Quartiers bei.

Die Wohnungsunternehmen haben erkannt, dass die Migranten mehr und mehr zu ihrem Kundenkreis zählen und es darauf ankommt, die sozialen Veränderungen in den Beständen proaktiv mit zu gestalten und Netzwerke und Instrumente zu entwickeln, die ein nachhaltiges Miteinander ermöglichen und fördern. Die soziale Integration unabhängig von Alter, Geschlecht und Herkunft wird zunehmend zu einem Faktor der Unternehmenspolitik.  

Die Wohnungsunternehmen setzen deshalb nicht nur auf Investitionen in die Wohnungsbestände und das Wohnumfeld. Sie investieren darüber hinaus mit Beschäftigungs- und Beteiligungsprojekten, mit Nachbarschaftszentren, Sprachkursen, dem Einsatz von Konfliktvermittlern, attraktiver Jugendarbeit, gezielten Kooperationen mit Schulen, Sportvereinen und freien sozialen Trägern sowie Mieterfesten in die Förderung der Integration.

Schlussbetrachtung

Ein verändertes gesellschaftliches Klima hat zu einem offeneren Dialog über die Situation ethnisch und sozial segregierter Stadtteile und die Anforderungen an eine zukunftsweisende Integrationspolitik in den Städten geführt. Dies mag zum einen daran liegen, dass sich Problemlagen zuspitzen und die gesellschaftlichen Herausforderungen sichtbarer werden, zum anderen deutet es darauf hin, dass Zuwanderer sich heute mehr in die gesellschaftspolitischen Diskussionen einbringen.

Der Vorstellung, allein durch die „richtige Mischung“ im Quartier vollziehe sich Integration quasi von selbst, folgt die Erkenntnis, dass dieser Prozess Anstrengungen von allen Beteiligten erfordert. Integration als gesamtstädtische Aufgabe ist abhängig von einer guten Vernetzung der Akteure, ausreichenden personellen und finanziellen Ressourcen und eines von allen Beteiligten getragenen integrationspolitischen Handlungskonzepts. Integration kann nur dann gelingen, wenn Zuwanderer wahrnehmbar Zugang zu den gesellschaftlichen Institutionen und Aufstiegschancen haben. Alle Maßnahmen auf der Quartiers- oder Stadtteilebene müssen darauf zielen, Migranten den Weg in die gesellschaftlichen Systeme – wie Bildung, Erwerbsarbeit, Gesundheitsvorsorge und politische Teilhabe – zu ermöglichen und eigenständige Perspektiven zu entwickeln.

Es wird auch darauf ankommen, das Image ethnisch geprägter Wohnquartiere durch bauliche Maßnahmen an den Gebäuden und der Wohnumgebung, den Ausbau und die Qualifizierung der sozialen Infrastruktur und die Gestaltung des Wohnumfeldes zu verbessern, um diese für neue Bewohnergruppen zu öffnen. Hier gilt es eine Balance zu wahren. Die Aufwertung eines Quartiers darf nicht dazu führen, dass die angestammte Bevölkerung aufgrund der Wohnkostenentwicklung dort nicht mehr leben kann und massive Gentrifizierungsprozesse eintreten. Grundsätzlich wird es Gebiete in den Städten geben, die eine Sprungbrettfunktion haben, wo eher ärmere Haushalte leben, die auf günstigen Wohnraum angewiesen sind. Diese Quartiere müssen infrastrukturell und baulich aber so ausgestattet sein, dass sie sowohl von den Bewohnern als auch von der Stadtgesellschaft insgesamt positiv wahrgenommen werden und nicht mit einem Negativimage belastet sind. Nicht zuletzt zählt die aktive Beteiligung einer möglichst breiten Bevölkerungsschicht zu den Grundpfeilern eines gelingenden Integrationsprozesses in den Wohnquartieren.

Der Artikel basiert auf einem Vortrag, der am 26. November 2008 beim 7. Wohnungspolitischen Kongress „Zuhause bei Fremden? – Integration und Stadterneuerung“ des Verbandes Norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) in Hannover gehalten wurde.

Die Autorin: Gudrun Kirchhoff ist Diplom-Soziologin und seit 2006 Wissenschaftliche Referentin der Schader-Stiftung.

 

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