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Der Wohnungsmarkt in Deutschland Anfang der 2000er

Artikel vom 21.04.2005

2000 - 2005: Welche Entwicklungen, Besonderheiten und Trends kennzeichneten den deutschen Wohnungsmarkt? Ein Überblick zu Anbieterstruktur, Demographie und Wohnungsnachfrage.

Differenzierte Anbieterstruktur der Wohnungsbranche

Die Anbieterstruktur auf dem deutschen Wohnungsmarkt ist zunächst durch die zahlenmäßige Bedeutung privater Kleinvermieter gekennzeichnet. Nahezu 14 Millionen der etwa 23 Millionen vermieteten Wohnungen werden von Kleinanbietern oder Privatleuten angeboten. Etwa zehn Millionen Mietwohnungen werden hingegen durch professionell-gewerbliche Anbieter bewirtschaftet. Diese Gruppe lässt sich wiederum nach Genossenschaften, Wohnungsunternehmen mit kommunaler Mehrheitsbeteiligung und privatwirtschaftlichen Wohnungsunternehmen in Form von Kapitalgesellschaften differenzieren. Sie bewirtschaften etwa 80 Prozent der Wohnungsbestände der professionellen Bestandshalter. Kleinere Anteile entfallen auf die öffentlichen Wohnungsunternehmen im Besitz von Bund und Ländern oder im Besitz der Kirchen.

Nach Angaben des GdW Branchenberichts gehören etwa 16 Prozent der von professionell-gewerblichen Anbietern vertriebenen Wohnungen Unternehmen unterschiedlicher Rechtsform, für die das Bestandsmanagement von Wohnimmobilien ein eher nachgeordneter Geschäftsbereich ist, nämlich Banken und Versicherungen sowie Immobilienfonds.

US- und britische Fonds mischen Markt auf

„Es sind die großen Opportunity-Fonds aus den USA und Großbritannien, die derzeit den Wohnungsmarkt aufmischen. Das Ziel der Fonds ist der Verkauf der Wohnungen an die Mieter oder es sollen Wohnimmobilienfonds aufgelegt werden. Opportunity-Fonds werden meist von institutionellen Investoren wie Versicherungen, Banken oder Pensionskassen gegründet, um Gelder kurzfristig und gewinnbringend überwiegend in Immobilien anzulegen. Da kommt das konjunkturschwache Deutschland gerade recht, denn die Immobilienpreise sind für den Einstieg günstig. Der deutsche Markt ist riesig. So stehen viele Städte in den Startlöchern ihren Wohnungsbesitz an die Investoren zu veräußern, um die Stadtsäckel wieder zu füllen. Allein 2,6 Millionen Wohneinheiten besitzen die Kommunen nach Schätzung des Hamburger Beratungsunternehmens Gewos GmbH.“ (Handelsblatt.com, 20.2.2005)

Fonds jagen nach Wohnungspaketen

„Die Nachfrage angloamerikanischer Investoren nach deutschen Wohnungsgesellschaften scheint ungebrochen. Nachdem sie bereits im vergangenen Jahr für etwa zehn Mrd. Euro mehrere Wohnungsunternehmen kauften und so insgesamt etwa 350 000 Wohnungen in ihren Besitz brachten, stehen in diesem Jahr weitere Mammutprojekte auf der Einkaufsliste. ‚Das Investitionsvolumen wird daher auch im Jahr 2005 mindestens die Marke von zehn Mrd. Euro erreichen‘, erwartet Michael Zimmer, Vorsitzender der Geschäftsführung der Corpus Immobiliengruppe. ‚Vielleicht werden wir am Ende des Jahres aber auch bei 20 Mrd. Euro liegen.‘
        
Damit hat sich die Nachfrage auf dem deutschen Investmentmarkt dramatisch verschoben: Nicht mehr Gewerbeimmobilien, allen voran Büros, sondern zu Paketen geschnürte, bundesweit verstreute Mietshäuser oder eben ganze Wohnungsgesellschaften seien zum Marktsegment mit dem höchsten Handelsvolumen aufgestiegen, berichtet der Immobilienberater Atisreal in seiner jüngsten Analyse des deutschen Immobilieninvestmentmarkts. Auch in Zukunft werde das Interesse an deutschen Wohnungen bei institutionellen Investoren hoch und das Angebot reichhaltig bleiben, prognostiziert Christian Koch, bei Merrill Lynch Deutschland zuständig für das Real Estate Investment-Banking: ‚Schließlich befinden sich allein mehr als drei Mill. Wohnungen in Deutschland in öffentlichem Besitz.‘ Doch kommt der Nachschub an lukrativer Handelsware nicht allein aus dem klammen öffentlichen Sektor. Auch privatwirtschaftliche Wohnungsunternehmen - siehe Thyssen-Krupp Wohnimmobilien oder Viterra AG - sind oder werden verkauft. (...)

Doch warum wollen international orientierte Finanzinvestoren überhaupt große Wohnungspakete in Deutschland kaufen? Schließlich sind hiesige Anleger doch der Meinung, Wohnungsinvestments seien wenig rentierlich und viel zu verwaltungsaufwändig. ‚Die Situation hat sich völlig gewandelt‘, erklärt Ralph Winter, bei der US-amerikanischen Beteiligungsgesellschaft Cerberus verantwortlich für das deutsche Immobiliengeschäft, den Sinneswandel. ‚Vor drei, vier Jahren waren die Büromärkte noch lukrativer, heute sind die Renditen im Wohnungsbereich fast gleich hoch wie im gewerblichen Sektor.‘ Außerdem sei die ‚Einnahmensituation bei Wohninvestments sehr attraktiv‘, stellt der Investmentprofi am Rande einer Veranstaltung fest. Statt von nur einem großen Büromieter abhängig zu sein, verteile sich der monatliche Cash-Flow bei Wohnungsgesellschaften auf Zehntausende Schultern und sei entsprechend stabil.

Im vergangenen Jahr wechselten allein durch vier Unternehmensverkäufe so viele Wohnungen wie nie zuvor ihren Besitzer. In allen Fällen waren anglo-amerikanische Fonds die Käufer.

  • Fortress erwarb Gagfah, die Wohnungsbaugesellschaft der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte, mit rund 82 000 Wohnungen für 3,5 Mrd. Euro.
  • Cerberus/Goldman Sachs war die Berliner GSW mit 66 000 Wohnungen 2,1 Mrd. Euro wert.
  • Morgan Stanley und Corpus sind die neuen Eigentümer von Thyssen-Krupp Wohnimmobilien mit 48 000 Wohnungen. Sie zahlten dafür circa 2,1 Mrd. Euro.
  • Blackstone befreite die Bilanz von WCM rechtzeitig vor dem Ende des vergangenen Jahres von 31 000 Wohnungen und spülte damit 1,4 Mrd. Euro in die Kasse der angeschlagenen Beteiligungsgesellschaft.“

(Handelsblatt, 18.2.2005)

Angebotsüberhang vor allem in Ostdeutschland

Der Kaufdrang der anglo-amerikanischen Fonds scheint im Widerspruch zum eher pessimistischen Blick auf die schrumpfenden Regionen der Bundesrepublik zu stehen: Im Zuge des tiefgreifenden Transformationsprozesses in Ostdeutschland standen im Jahr 2002 etwa 16 % aller Wohnungen, nämlich 1,1 Millionen Einheiten, leer. Deindustrialisierung und eine hohe Arbeitslosigkeit haben zu Abwanderung und damit verbundenen hohen Bevölkerungsverlusten geführt. Seit 1990 betrug die Nettoabwanderung aus Ostdeutschland insgesamt 1,1 Millionen Menschen. Die Mehrheit dieser Personen wanderte in den ersten drei Jahren nach der Wiedervereinigung ab. Mit einer Nettoabwanderung von 10.000 Menschen wurde der Tiefpunkt der Wanderungsbewegung 1997 erreicht. Er ist jedoch wieder deutlich angestiegen: Im Jahr 2002 verloren die neuen Bundesländer abermals 81.000 Bewohner an den Westen. Neben diesen Wanderungsverlusten an den Westen trägt der Fortzug in das Umland zum Bevölkerungsrückgang der Kernstädte bei.

Subventionsbedingte Fehlentwicklungen als weitere Ursache für den Wohnungsleerstand

„Die ausschlaggebende Ursache für die gegenwärtigen Angebotsüberhänge sind allerdings durch Staatseingriff ausgelöste erhebliche Kapitalfehlleitungen in der jüngeren Vergangenheit. So kam es in den 1990er Jahren in Ostdeutschland zu einem sehr starken Wohnungsbauboom, der in seiner Intensität dem westdeutschen Bauboom Anfang der 1970er Jahre gleichkam. Auslöser waren hohe Sonderabschreibungsmöglichkeiten für Mietwohnungsinvestitionen, die allein für die neuen Länder zwischen 1991 und 1997/98 galten.

Nach Expertenschätzung dürfen allein durch die Abschreibungsregelungen rund 14 Mrd. EUR an Steuerausfällen entstanden sein (6,5 Mrd. EUR im Neubau, 7,2 Mrd. EUR in der Sanierung). So stieg die Zahl der Wohnungen in Ostdeutschland bis 1998 deutlich stärker als die Zahl der Haushalte. Derart an der tatsächlichen Nachfrage vorbeigebaut, musste die von massiven staatlichen Fördermaßnahmen getragene Entwicklung über kurz oder lang kollabieren. Die beispiellose Baurezession ist somit als Normalisierungsprozess zu werten, der allerdings unter den Rahmenbedingungen einer bisher stagnativen Wirtschaftsentwicklung besonders schwer zum Tragen kommt.“ (GdW Branchenberichte, August 2004: Mietwohnungen in Deutschland - ein attraktives und wertbeständiges Marktsegment. Entwicklung, Besonderheiten und aktuelle Trends im internationalen Vergleich, S.43, 44)

Das Bund-Länder-Programm „Stadtumbau Ost“

Mit dem Programm „Stadtumbau Ost“ reagieren Bund und Länder auf den strukturellen Wohnungsleerstand in Ostdeutschland. Damit werden von 2002 bis 2009 insgesamt rund 2,7 Milliarden Euro für die Stadterneuerung zur Verfügung gestellt. Gefördert wird der Abriss leerstehender und langfristig nicht mehr benötigter Wohngebäude und die Aufwertung städtischer Quartiere in Ostdeutschland.

Entwicklungen in Westdeutschland

„[Der] Wohnflächenverbrauch nimmt zu. (...) Das lässt sich aus vielfältigen Statistiken und Studien ablesen. So ermittelte das Statistische Bundesamt, dass der Wohnflächenverbrauch pro Kopf beständig zunimmt. Demnach stieg der Wohnflächenverbrauch je Einwohner von 34,8 qm im Jahre 1990 auf 40,1 qm im Jahre 2002 an. Während die Wohnungsgröße in Westdeutschland nur schwach von etwa 86 auf 88 qm in dieser Zeit stieg, erhöhte sie sich hingegen in Ostdeutschland im gleichen Zeitraum von 64 auf 71 qm. Das bedeutet, dass der Wohnungsmarkt selbst bei leicht schrumpfender Bevölkerung aufgrund der Zunahme des Wohnbedarfs pro Bewohner stabil ist.

Der Wohnflächenverbrauch steigt stärker an als durch eine schrumpfende Bevölkerung verloren geht. Und: Selbst eine sinkende Bevölkerungszahl gibt noch keinen Aufschluss über die Anzahl der Haushalte. Die Zahl der im Haushalt lebenden Personen ging durchschnittlich von 1991 2,27 Personen auf 2,13 Personen zurück wie der Mikrozensus des Statistischen Bundesamtes ergab. Die Ein- und Zweipersonenhaushalte nahmen in diesem Zeitraum zu, während die Mehrpersonenhaushalte abnahmen. Insgesamt gab es eine Zunahme der Haushalte um elf Prozent in Westdeutschland und acht Prozent in Ostdeutschland. Deshalb bedeutet der erhöhte Leerstand von Wohnungen nicht gleich eine Sättigung des Wohnungsmarktes. So ermittelte das Eduard Pestel Institut in Hannover zwar im Jahre 2001 einen Wohnungsüberhang in Westdeutschland von 297.000 Einheiten, gleichzeitig stellte es aber auch ein Wohnungsdefizit von rund 94.000 Einheiten fest. Dafür gibt es zwei Gründe: Zum einen sind die Wachstumsmetropolen Hamburg, Köln, Frankfurt, München oder Stuttgart immer noch unterversorgt, andererseits genügen viele Wohnungen nicht mehr den qualitativen Ansprüchen der Mieter und sind deshalb schwer oder gar nicht zu vermieten.“ (Handelsblatt.com, 20. Februar 2005)

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