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Call for Papers: Verhältnis von Demokratie und Kapitalismus

Artikel vom 21.09.2015

Spätestens mit der Wirtschafts- und Finanzkrise ist wieder bewusst geworden, dass das Verhältnis von Demokratie und Kapitalismus spannungsgeladen ist. Dem Verhältnis dieser „besten Feinde“ auf den Grund gehen will eine Tagung der Sektionen „Politische Theorie und Ideengeschichte“ und „Politische Ökonomie“ der Deutschen Vereinigung für Politikwissenschaft (DVPW) vom 23. zum 25. Juni 2016.

Call for Papers - Einsendeschluss 30. November 2015

Die Veranstalter laden dazu ein, Beiträge für die Fachtagung vorzuschlagen. Der Vorschlag sollte maximal 500 Wörter umfassen. Die Texte der angenommenen Vorschläge werden mit dem Tagungsprogramm veröffentlicht.

Bitte senden Sie Ihren Vorschlagstext bis zum 30. November 2015 an die Veranstaltungsorganisatoren:

Prof. Dr. Dirk Jörke, TU Darmstadt, Mitglied des Vorstandes der Sektion „Politische Theorie und Ideengeschichte“ E-Mail: joerke(at)pg.tu-darmstadt.de

Prof. Dr. Armin Schäfer, Universität Osnabrück, Mitglied des Vorstandes der Sektion „Politische Ökonomie“ E-Mail: armin.schaefer(at)uni-osnabrueck.de

Dr. Tobias Robischon, Schader-Stiftung E-Mail: robischon@schader-stiftung.de

Ziele der Tagung

Dabei verfolgt die Tagung zwei Kernziele. Zum einen soll der Dialog zwischen zwei Teildisziplinen der Politikwissenschaft intensiviert werden, um von den unterschiedlichen Zugängen zu profitieren. Zum anderen wird der Austausch zwischen der Politikwissenschaft auf der einen und der Praxis auf der anderen Seite angeregt. Wie werden in der Wissenschaft diskutierte Problemlagen in Politik und Öffentlichkeit aber auch in Unternehmen, Behörden oder Verbänden gesehen? Was lässt sich aus den Erfahrungen außerhalb der Wissenschaft für Konzepte und Theorien in der Wissenschaft lernen?

Spannungsreiches Verhältnis von Demokratie und Kapitalismus

Für das neu erwachte Interesse am spannungsreichen Verhältnis von Demokratie und Kapitalismus sind mehrere aktuelle Entwicklungen verantwortlich:

Im Zuge der Wirtschafts- und Schuldenkrise und im Angesicht zunehmender sozialer Ungleichheit wird erstens nicht mehr klar, ob der demokratische Staat noch beide Aufgaben erfüllen kann, die ihm das Zusammenspiel von kapitalistischer Ökonomie und demokratischer Bürgerschaft stellt: Einerseits für Wirtschaftswachstum und entsprechende Verwertungsbedingungen zu sorgen, andererseits Ansprüche auf Partizipation, soziale Gerechtigkeit und die Korrektur von Marktergebnissen zu befriedigen.

Zweitens zeigt sich vor dem Hintergrund der Globalisierung die nie ganz aufhebbare Spannung zwischen dem prinzipiell grenzenlosen kapitalistischen Akkumulationsprozess und der prinzipiell begrenzten Mitgliedschaftslogik der Demokratie in neuer Schärfe. Es sind großräumige Handlungssphären (Märkte und supranationale Ordnungen wie die EU) entstanden, die aufgrund ihrer Größe womöglich nicht demokratisierbar sind. Sie setzen ihrerseits die existierenden demokratischen Ordnungen unter Druck, sich dem entgrenzten Marktgeschehen anzupassen.

Drittens haben sich in Gestalt kapitalistischer, aber undemokratischer Staaten (Singapur, China) realhistorisch alternative Ordnungsmodelle zum demokratischen Kapitalismus entwickelt. Noch sorgt die kulturelle Hegemonie demokratischer Ideale dafür, dass sie nicht als normativ ebenbürtige oder gar als bessere Alternative gehandelt werden, aber die Ausstrahlungskraft des demokratischen Kapitalismus hat doch sichtbar Schaden genommen.

Mit Blick auf diese Fragen werden unterschiedliche Zukunftsszenarien debattiert, die von einem möglichen Ende der Ehe zwischen Kapitalismus und Demokratie über die Supranationalisierung der Demokratie im Rahmen einer demokratisierten EU bis hin zu einem dauerhaften Steckenbleiben in gegenwärtigen Konflikten reichen.

Perspektiven aus Wissenschaft und Praxis

Infolge all dieser Phänomene erlebt der Kapitalismusbegriff in der wissenschaftlichen wie in der öffentlichen Diskussion eine Renaissance und es mehren sich die theoretischen wie empirischen Analysen des Verhältnisses von Kapitalismus und Demokratie. So finden sich in der empirischen Demokratieforschung vermehrt Arbeiten, die die negativen Auswirkungen marktvermittelter Ungleichheit für die politische Gleichheit nachweisen. Die geplante Tagung greift diese, bisher noch in ihren Anfängen steckende Debatte auf. Ihr Ziel ist, das Verhältnis von Kapitalismus und Demokratie sowohl aus einer politikökonomischen und damit auch empirisch gesättigten Perspektive als auch aus einem theoriegeleiteten Blickwinkel zu thematisieren.

Ergänzt sollen diesen wissenschaftlichen Perspektiven durch Beiträge von Personen, die mit der Thematik des Verhältnisses von Demokratie und Kapitalismus in ihrer beruflichen Praxis befasst sind. Angesprochen sind dabei insbesondere PolitikerInnen, MitarbeiterInnen von politischen Stiftungen, JournalistInnen, VertreterInnen von NGOs oder auch Repräsentantinnen von Zentralbanken. Das Ziel ist, wissenschaftliche Theorien mit Erfahrungen aus der Praxis zu konfrontieren, umgekehrt aber auch wissenschaftliche Diskussionen in die Praxis hineinzubringen.

1. Regiert der ökonomische Sachzwang? Wie sich die Gestaltungsfähigkeit der Politik gegenüber dem Markt verändert hat

Neben der Binnenperspektive aus der Politik sollen in diesem Block theoretische Konzeptionen aus der Geschichte des politischen und ökonomischen Denkens rekonstruiert werden, die das Verhältnis zwischen Demokratie und Kapitalismus in substantieller Weise thematisieren. Hierbei sind insbesondere historisch einflussreiche, in der Ideengeschichte entwickelte oder reflektierte Legitimationen und Kritiken von Interesse. Diese wurden einerseits im Rahmen von folgenreichen Kontroversen artikuliert, in denen um das Verhältnis zwischen Demokratie und Kapitalismus gerungen wurde (u.a. Forsthoff-Abendroth Debatte), andererseits finden sie sich in klassischen Texten der politischen Theorie und der Sozialwissenschaft (u.a. Mill, Lorenz von Stein, Marx, Tocqueville, Weber, Schumpeter).

2. Kapitalismus – Wiederentdeckung eines verdrängten Begriffs

Theorie- und wissenschaftshistorisch gilt es hier zu fragen, ob in der Politik- und Sozialwissenschaft der letzten 30 Jahre eine Kapitalismusverdrängung stattgefunden hat. Welche Begriffe und Paradigmen sind an die Stelle von „Kapitalismus“ und „politischer Ökonomie“ getreten und wie ist dieser Paradigma- und Begriffswechsel aus heutiger Sicht zu beurteilen?

Konstruktiv soll zudem gefragt werden, wie sich gleichgerichtete Entwicklungen in unterschiedlichen Ländern erfassen lassen, und untersucht werden, welche älteren theoretischen Ansätze, etwa der politischen Ökonomie, kritischer Demokratietheorie oder des Neo-Marxismus mit Blick auf die Thematik aktualisierungswürdig sind. Dies leitet über zur konzeptionell-systematischen Frage nach heuristisch tragfähigen und normativ attraktiven theoretischen Konzepten, Ansätzen und Modellen: Wie lässt sich das Verhältnis zwischen Demokratie und Kapitalismus fassen? Welche Begriffe sind hierfür vielversprechend? Was leisten sie und wo liegen ihre Grenzen? An dieser Stelle werden erklärende oder interpretative Theorien, aber ebenso konstruktive Modelle, etwa von „Wirtschaftsdemokratie“ oder des „dritten Weges“, relevant. Weiterhin sollen Theorien über strukturelle Affinitäten zwischen Markt und Demokratie („consumer democracy“) wie liberale Vermittlungskonzepte zwischen kapitalistischem Markt und demokratischem Staat diskutiert werden.

3. War die friedliche Koexistenz von Demokratie und Kapitalismus im dritten Viertel des 20. Jahrhunderts eine historische Ausnahme?

Die Frage nach geeigneten Konzepten und Begriffen darf nicht abgekoppelt von der historisch entwickelten Wirklichkeit kapitalistischer Demokratien erfolgen. Deshalb gilt es auch institutionenhistorisch nach der Genese kapitalistischer Demokratien zu fragen: Haben wir es mit einer Ko-Evolution kapitalistischer und demokratischer Institutionen und Handlungsorientierungen zu tun? Sind also Kapitalismus und moderne Demokratie gewissermaßen „gleichursprünglich“? Oder ruht die moderne Demokratie vielmehr auf kulturellen und institutionellen Grundlagen auf, die durch die Entwicklung des Kapitalismus gelegt wurden? Ist also Kapitalismus eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung für Demokratie? Und umgekehrt: unter welchen Bedingungen kommt Demokratie auch ohne Kapitalismus aus bzw. gab es Regime einer mixed economy deren gemeinwirtschaftliche Komponente derart großes Gewicht besaß, dass sie als Modell für eine postkapitalistische Demokratie eignen?

4. Das Ende der Vielfalt – werden sich kapitalistische Demokratien immer ähnlicher?

Die vorangegangenen Punkte ziehen die empirisch-vergleichende Frage nach sich, welche unterschiedlichen Regime kapitalistischer Demokratie existieren bzw. existierten. Haben wir es mit „varieties of democratic capitalism“ zu tun? Sind die Unterschiede zwischen unterschiedlichen Sozialstaats- und Produktionsregimen kleiner geworden? Gerade die nordeuropäischen, sozialdemokratischen Musterstaaten haben weitreichende Liberalisierungspolitik betrieben, wodurch selbst in diesen egalitären Gesellschaften die Einkommensungleichheit zunimmt.

Welche Unterschiede hinsichtlich der Steuerungserfordernisse, Legitimationsprobleme und Leistungsprofile lassen sich beobachten? Oder sind, trotz aller möglichen Varianz, kapitalistische Demokratien mit den gleichen Strukturproblemen, Selbstgefährdungen, Entwicklungsmöglichkeiten
und Dynamiken konfrontiert?

Schließlich gilt es, zeitdiagnostisch und prognostisch den gegenwärtigen Zustand und die möglichen Zukünfte von Kapitalismus und Demokratie in den Blick zu nehmen. Ist der demokratische Kapitalismus nicht nur aufgrund klammer Haushalte, drückender Schuldenberge und schwacher Wachstumsraten, sondern auch infolge von postdemokratischer Entleerung demokratischer Institutionen, Europäisierung, Transnationalisierung und Globalisierung erschöpft?

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